Lean-to & A-Frame Shelter – Unterstände aus Naturmaterial: Rahmen, Dach, Isolation
Zwei Bauformen decken die meisten Situationen ab: Lean-to (ein Dach, offen nach vorn) und A-Frame (zwei Dachflächen, geschlossen bis auf den Eingang). Dieser Leitfaden erklärt die Bauweise so, dass Einsteiger sicher starten und Fortgeschrittene Details verbessern können: Standortwahl, Rahmenstatik, sichere Deckung im Schuppenprinzip, Boden- und Seitenisolierung, Wind- und Regenmanagement, Varianten, Fehlerdiagnose sowie schneller Rückbau.

1) Standortwahl: Mikroklima, Abfluss, Materialnähe
Ein guter Standort spart Energie und Material. Mit „Lee“ ist die windabgewandte Seite kleiner Rücken, dichter Jungbestände oder Gelände-Kanten gemeint. Hier ist es ruhiger, Funkenflug kontrollierbarer und die Deckung hält besser. Senken und Rinnen meiden: Dort sammelt sich Kaltluft, und bei Regen bilden sich schnell Wasserpfade. Der Untergrund sollte leicht vom Innenraum weg geneigt sein (ein paar Grad genügen), damit Tropfwasser nicht zurückläuft.
- Gefahren von oben: hängendes Totholz, Stammrisse, abgestorbene Kronen. Vor dem Bau in Ruhe prüfen.
- Ressourcennähe: Am Standort sollten genügend schlanke Stangen (Sparren/Lattung) und Deckungsmaterial (Reisig, Gras, Rinde) verfügbar sein, damit weite Transportwege entfallen.
- Feuerfragen: Nur dort, wo das gestattet ist und der Untergrund mineralisch oder ausreichend feucht ist. Wurzeln und Torf meiden.
2) Begriffe im Zusammenhang mit Sheltern
- First: oberste Traglinie des Daches; übernimmt Last und leitet sie in Stützen/Dreibeine ein.
- Sparren: geneigte Stangen vom First zum Boden; tragen die Lattung und verteilen Schneelast/Winddruck.
- Lattung: Querhölzer im Abstand von etwa 10–15 cm; Kralle für die Deckung.
- Schuppenprinzip: Deckung von unten nach oben überlappend, damit Wasser außen abläuft.
- Tropfkante: untere Dachkante, die Wasser frei vor dem Innenraum abtropfen lässt (10–15 cm vorstehen lassen).
- Öffnungswinkel: praktisches Maß für die „Weite“ des Shelters (Winkel zwischen Dachfläche und Bodenlinie hinter dem Shelter). Für lose Naturdeckung sind 100–110° bewährt. Viele Anleitungen nennen „45°“ – das ist oft der Steigungswinkel der Dachfläche, nicht der Öffnungswinkel.
3) Planung, Werkzeuge, Bindungen
3.1 Werkzeuge & Hilfsmittel
- Messer mit stabiler Spitze und Rücken (für Kerben/Entasten), kleine Säge (schont Kräfte), optional Beil (Vorsicht bei Ermüdung).
- Schnur/Band (Paracord, Naturbast, Wurzelstränge) für Bindungen.
- Handschuhe, um Harz, Rinde und feuchtes Material besser zu greifen.
4) Lean-to vs. A-Frame – welches passt?
Kriterium | Lean-to | A-Frame |
---|---|---|
Wetterschutz | gut gegen Schauer und Rückenwind; Front offen | rundum dichter, kleinerer Eingang |
Wärme | sehr gut mit Reflektorfeuer | warm ohne Feuer, weniger Zug |
Aufwand | schnell, wenig Material | mehr Sparren/Deckung, stabiler |
Raumgefühl | offen, gute Sicht/Kochen | kompakter, windstabil |
Spuren | leicht zurückzubauen | etwas mehr Rückbauarbeit |
5) Lean-to Schritt für Schritt
5.1 Rahmen aufstellen
- Stützen setzen: zwei Gabeln oder ein Dreibein, Abstand etwa 2,2–2,5 m. Gabeln so ausrichten, dass der First nicht verdreht.
- First auflegen und festbinden. Ein leicht gekerbter First („Sitz“) verhindert Wandern.
- Sparren von der Firstlinie zum Boden alle 25–35 cm setzen. Je dichter, desto besser greift die Deckung.
- Lattung quer im Abstand 10–15 cm. Diese trägt die Deckung und verhindert Abrutschen.
5.2 Öffnung einstellen, Deckung legen
Dachschräge auf 45°. Naturdeckung (Reisig, Gras, Rindenschuppen) im Schuppenprinzip von unten nach oben legen; jede Lage überlappt die vorherige um ein Drittel bis die Hälfte. Unten eine saubere Tropfkante herausarbeiten (10–15 cm Überstand).

5.3 Feuer und Reflektor
Ist die Vorderseite geöffnet, und nicht wie auf dem folgenden Bild an einen Baum angelehnt, kann ein kleines, kontrolliertes Feuer mit Reflektor (nasses Holz oder Steine) in 60–90 cm Abstand vor der Öffnung den Körper unter dem Shelter erwärmen. Durch den Reflektor kontentrieren wir die Wärme in das Shelterinnere. Funkenflug beachten, Dach nicht zu niedrig bauen, und nur dort feuern, wo es erlaubt ist.

5.4 Häufige Fehler
- Deckung rutscht: Sparren zu weit, Lattung zu selten, Öffnung zu klein. Abstände verringern, Tropfkante definieren, Winkel korrigieren.
- Innenraum feucht: Schuppenprinzip verletzt oder First undicht. Untere Reihen sauber ausrichten, First doppelt decken.
- Zugluft am Boden: Seitenkragen aus Reisig/Laub (15–20 cm) anlegen, Bodenmatte verdicken.
6) A-Frame Schritt für Schritt
6.1 Grundgerüst
- First auf zwei Gabelstützen oder Dreibeine legen (Länge ca. 2,2–2,5 m). Die Firsthöhe so wählen, dass im Liegen Platz bleibt.
- Sparren beidseitig im Abstand 25–35 cm setzen, bis zum Boden führen.
- Querlatten beidseitig alle 10–15 cm anbringen. Bindungen regelmäßig nachziehen.

6.2 Deckung & Eingang
Auch beim A-Frame die Öffnung auf 100–110° bringen. Beidseitig im Schuppenprinzip decken, den First doppelt ausführen oder mit einer Firstbahn schützen. Der Eingang bleibt niedrig; bei Bedarf kann er mit einem Reisigbündel oder einer einfachen Klappe winddicht gemacht werden.

6.3 Fehler & Abhilfe
- Kondens & Tropfen: kleine Lüftungsöffnung oben lassen; Innenhaut nicht zu glatt verdichten.
- Rahmen arbeitet: fehlende Querverbände; eine querliegende Latte als Riegel setzen, Bindungen nachspannen.
- Deckung sackt: Reihen zu hoch oder Überdeckung zu gering; Reihen niedriger und Überdeckung größer wählen.
7) Varianten & Anpassungen
- Lean-to mit Seitenflügeln: kurze, seitliche Flügel aus Lattung/Deckung reduzieren seitlichen Regen.
- A-Frame mit „Vorbau“: ein kleiner, vorne angesetzter Mini-First schafft eine kurze Wetterkante am Eingang.
- Regenrinne: Unter der Tropfkante eine Rinde leicht schräg anbringen, damit Tropfwasser seitlich abgeleitet wird.
- Windanker: An Luv-Seite schräg eingetriebene Pflöcke gegen Unterspülen/Anheben.
8) Boden, Seitenkragen und Liegefläche
Der Boden entscheidet über Wärme und Komfort. Unten grobe Stangen/Äste quer, darauf mittlere Schicht (Reisig), darüber feines Material (Gras, weiches Laub), Gesamtstärke 10–20 cm. Ein seitlicher Kragen aus Reisig/Laub (15–20 cm) um die Liegefläche reduziert Zug.
- Mattenaufbau: grob unten für Luft, fein oben für Komfort; nasses Material nur außen einsetzen.
- Trittwege: Boden vor dem Eingang festigen; bei Matsch ein paar Querhölzer legen.
9) Regen, Schnee und Wind – was anpassen?
- Regen: Deckung dichter, Tropfkante klar, Öffnung im 100–110°-Bereich halten. Beim Lean-to kann die Front leicht tiefer gezogen werden.
- Schnee: Sparren dichter setzen, Deckung flächig; die Firstlinie regelmäßig von Schnee befreien.
- Wind: Leeseite wählen; auf der Luv-Seite Windanker und zusätzliche Bindungen. Eingang klein halten.
10) Materialmengen & Zeiten
Bauteil | Richtwert | Hinweis |
---|---|---|
First | Ø 6–10 cm, Länge 2,2–2,5 m | gerade, zäh, möglichst astarm |
Sparren | Ø 3–6 cm, alle 25–35 cm | dicht setzen gegen Durchsacken |
Lattung | Ø 2–4 cm, alle 10–15 cm | Träger für Deckung |
Deckung | Reisig/Gras/Rinde, ca. 0,14 m² je Bündel | 20 % Reserve einplanen |
Schnur/Band | 8–15 m | Bindungen + Reserven (Knebel erleichtern Rückbau) |
Aufbauzeit | 1,5–3 Stunden | abhängig von Teamgröße, Werkzeug, Materialnähe |
11) Team-Ablauf – wer macht was?
- Person A: Standort prüfen, Firstlinie markieren, Stützen setzen.
- Person B: Sparren sammeln, Zuschnitt, Anordnung vorbereiten.
- Beide: First binden, Sparren setzen, Querlatten anbringen.
- Person A: Tropfkante definieren, untere Deckungsreihe legen.
- Person B: Deckungsbündel vorbereiten, Reihen im Takt nachlegen.
- Abschluss: Bodenmatte und Seitenkragen, Bindungen nachspannen, Eingang anpassen.
12) Fehlerdiagnose – Symptome und Lösungen
Symptom | Ursache | Lösung |
---|---|---|
Deckung rutscht | Sparren zu weit, Lattung selten, Winkel zu klein | Sparren dichter, Lattung alle 10–15 cm, Öffnung 100–110° |
Tropfnasen im Innenraum | keine Tropfkante, Überdeckung zu gering | Tropfkante 10–15 cm, Überdeckung 1/3–1/2 |
Zugluft an den Seiten | fehlender Seitenkragen | Reisig/Laub 15–20 cm um die Matte |
Rahmen knarrt/arbeitet | Bindungen nachgelassen | nachspannen, Riegel setzen, Spreizhölzer nutzen |
Kondens tropft | zu dicht geschlossen, keine Lüftung | oben kleine Öffnung, Innenhaut strukturieren |
13) Rückbau und Platzpflege
Nach Nutzung Bindungen lösen (Knebel hilft), Deckung großflächig verteilen, Lattung/Sparren zurück in die Fläche legen, Bodenmatte auseinanderziehen und Laub/Erde mischen, sodass der Platz wieder natürlich wirkt. Keine Spuren von Schnur, Draht oder Plastik hinterlassen.