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Körperhygiene in der Natur – Prioritäten & Ablauf

Hygiene ist draußen keine Wellness, sondern Risikomanagement: Sie verringert Durchfälle, Hautirritationen, Fußprobleme und Infektionen, hält Ausrüstung länger funktionsfähig und spart Wasser. Der Leitfaden ordnet Maßnahmen nach Risiko und Ressourcen, beschreibt sichere Waschplätze, erklärt die Reihenfolge „Hände – Mund – Füße – Achsel/Leiste – Rest“, führt bewährte Methoden mit wenig Wasser vor und zeigt, wie Abwasser und Abfall spurenarm entsorgt werden. Ziel ist ein robuster, alltagstauglicher Ablauf für Solo- und Gruppentouren – vom Mikro-Setup im Biwak bis zum mehrtägigen Lager.

Grundprinzip: erst die Bereiche mit dem höchsten Gesundheitsrisiko reinigen, dann Komfort. Sauberes Wasser und saubere Tücher für Gesicht und Musknoten; „schmutziges“ für Schuhe, Beine, Ausrüstung. Waschplätze immer mindestens 60–70 m (200 ft) vom Gewässer entfernt, graues Wasser filtern/verteilen. Biologisch abbaubare Seifen sparsam und nicht im Bach benutzen.

1) Was draußen wirklich krank macht

Die wichtigsten Hygienerisiken im Feld sind fäkal-oral übertragene Erreger (Durchfall, Erbrechen), Haut- und Fußprobleme durch Feuchte und Reibung, sowie Entzündungen kleiner Wunden. Entscheidend ist die Handhygiene vor Essen und nach dem Toilettengang, gefolgt von Zahn- und Fußpflege. Duschen ist weniger kritisch als viele denken; konsequente Basismaßnahmen verhindern die meisten Probleme.

Risikomatrix: Häufigkeit × Schwere und geeignete Gegenmaßnahmen
ProblemTypische UrsacheAuswirkungWirksame Maßnahme
Durchfall/Erbrechen kontaminierte Hände/Utensilien, unsauberes Wasser Leistungsabfall, Dehydrierung Alkoholgel oder Händewaschen vor Essen, nach Toilette; Trinkwasser aufbereiten
Fußblasen/Mazeration Nässe, Reibung, Schmutz im Schuh Schmerzen, Gangbild verändert Tägliche Fußpflege, Sockenwechsel, Trocknung, Talkum/Antireib-Mittel, Hot-Spot früh tapen
Intertrigo (Hautreiz in Falten) Feucht-warm in Achsel, Leiste, unter BH-Band Brennen, Infektion möglich Trocknen, Lüften, dünn Zinkoxid-Barriere oder Talkum
Entzündete Kleinstwunde Stachel, Splitter, unsaubere Pflege lokale Infektion Reinigen mit sauberem Wasser, Desinfektion, Abdeckung, Beobachtung

2) Sicherer Waschplatz und Abwasser

Waschplätze werden abseits sensibler Bereiche eingerichtet: mindestens 60–70 m von Bächen, Seen und Quellen, nie direkt im Gewässer. Ein flacher, mineralischer Boden mit guter Drainage ist ideal. Graues Wasser wird durch ein Sieb oder ein improvisiertes Filterbett (Gras/Steine/Laub) geleitet, dann flächig verteilt. In ariden Zonen verdunsten lassen und Reste vergraben. In Schneelandschaften Schnee schmelzen und Abwasser in Schneegrube versickern lassen, weit weg vom Lager und Wasserpfaden.

Waschplatz im Gelände: 70 m vom Bach entfernt, kleine Schüssel, Hängesack mit Wasser, Ablage für Seife und Handtuch; Abfluss in Kies-Sickerbett
Minimal-Setup: 2–3 l Wasser im Hängesack, Schüssel, Mikrohandtuch. Abfluss durch Sickerbett, danach flächig verteilen.

3) Priorisierte Reihenfolge bei wenig Wasser

Bewährt hat sich die Reihenfolge: Hände → Mund/Zähne → Füße → Achsel/Leiste → Gesicht/Hals → Rest. Erst mit sauberem Wasser, danach mit zweitverwendetem Wasser.

  1. Hände vor Essen, nach Toilette, nach Hantieren mit Abfall. Entweder 20 s mit Wasser und ein wenig Seife waschen oder 3 ml Händedesinfektionsgel einreiben, bis trocken. Fingernägel kurz halten.
  2. Mund/Zähne zweimal täglich. Weiches Wasser genügt; bei fluoridfreier Umgebung Zahnpasta mit Fluorid nutzen. Spuke in eine Sickerstelle, nicht ins Gewässer.
  3. Füße jeden Abend: kurz in sauberem Wasser spülen, besonders zwischen den Zehen trocknen. Eventuell dünn Talkum oder Zinkoxid für trockene Reibzonen.
  4. Achsel/Leiste mit Waschlappen und etwas Seife, danach gründlich trocknen oder kurz lüften. Bei Reibung dünne Barrierecreme (Zinkoxid, Lanolin) auftragen.
  5. Gesicht/Hals mit sauberem Wasser oder feuchtem Tuch; Sonnencreme und Schmutz abnehmen, um Poren und Augen zu schonen.
  6. Rest nach Bedarf; Oberkörper reicht meist mit einem feuchten Tuch.

4) Wasserbedarf und Methoden

Mit 2–3 l pro Person und Tag lassen sich Hände, Zähne, Füße und kritische Zonen zuverlässig pflegen. „Baden“ ist Luxus und wird bei Überschuss eingeplant. Seife nur sparsam und nie im Gewässer verwenden. Fürs Abspülen eignet sich ein kleiner Hängebeutel mit Hahn; er reduziert Verbrauch und Spritzer.

Waschoptionen, Wasserbedarf und Hinweise
OptionWasserbedarfVorteilGrenzen
Tuchwäsche (Lappen)0,3–0,5 lam sparsamsten, zielgenaukeine Ganzkörperfrische
„Soldatendusche“ (Beutel mit Hahn)0,7–1,2 lkontrollierter Fluss, warm machbarAufbau nötig
Ganzkörperguss1,5–3 lschnell, gründlichmehr Wasser, Wärmeverlust
Feuchttücher (sparsam)0 lBackup ohne WasserAbfall, nur pH-neutrale Varianten wählen

5) Handhygiene ohne Kompromisse

Hände sind der wichtigste Infektionsvektor. Ein winziges Gel-Fläschchen an der Außentasche erhöht die Nutzung deutlich. Vor dem Essen, nach der Toilette, nach Müllkontakt: jedes Mal waschen oder desinfizieren. Wenn Seife verfügbar ist, reicht 20 s mechanisches Waschen. In Kälte das Wasser vorwärmen, damit die Prozedur nicht abgekürzt wird. Stoffhandtücher öfter wechseln, Mikrofasertücher schnell trocknen.


6) Füße: täglich trocken bekommen

Füße tragen die Tour. Schweiß, Feuchte und Schmutz weichen die Haut auf, die Reibung steigt. Das Gegenmittel ist Routine: tägliches Spülen, Trocknen, Luftbad beim Kochen, Sockenwechsel. Schmutz in Schuhen sofort entfernen. Hot-Spots frühzeitig tapen. In kalter, feuchter Umgebung hilft ein dünner Liner unter der Hauptsocke, um Feuchte abzuleiten.

Fußpflege-Routine nach Tagesabschnitt
ZeitpunktMaßnahmeZiel
MorgensSocken trocken anziehen, Zehenzwischenräume prüfenStart trocken
Unterwegsbei Reibung früh tapen, Steinchen entfernenBlasenprävention
Abendkurz spülen, gründlich trocknen, Lüften am Feuer/KocherMazeration rückgängig machen

7) Hautschutz, Reibung und kleine Wunden

Reibzonen liegen an Achseln, unter dem Hüftgurt, im Lendenbereich, an den Innenseiten der Oberschenkel und unter BH-Bändern. Tägliches Reinigen und Trocknen verhindert Reizungen. Bei drohender Scheuerstelle hilft eine dünne Barrierecreme (Zinkoxid, Lanolin) oder ein Anti-Chafe-Stick. Kleine Wunden werden mit sauberem Wasser ausgespült, kurz desinfiziert und mit atmungsaktiver Abdeckung geschützt.

Kleine Wundversorgung im Feld: Spülen mit sauberem Wasser, sterile Kompresse, Fixierpflaster; alles auf sauberem Untergrund vorbereitet
Vorbereitung auf sauberer Fläche. Nach 24 Stunden Verband kontrollieren, bei Rötung/Schmerzen rechtzeitig reagieren.

8) Intimhygiene und Menstruation draußen

Intimbereiche bevorzugt mit Wasser und einem weichen Tuch reinigen, Seife nur selten und mild einsetzen. Baumwoll- oder Merinounterwäsche unterstützt das Hautklima. Während der Menstruation funktionieren Becher, Binden oder Tampons – je nach Vorliebe. Becher lassen sich mit sauberem Wasser ausspülen; in sensiblen Gebieten sterilisiertes Wasser im Topf bereithalten. Verbrauchtes Material wird in dichten Beuteln „pack-out“ entsorgt; verbrannte Reste sind häufig unzulässig. Hände davor und danach desinfizieren.


9) Kleidung, Schlafsack und Mikroklima

Kleidung ist Teil der Hygiene. Eine saubere Schicht am Körper reduziert Hautprobleme. Wechselkonzept: ein Set am Körper, eines trocken als Schlaf-/Tagesreserve. Lüften in der Sonne statt Waschen spart Wasser. Den Schlafsack täglich öffnen und lüften, innere Liner waschen statt den Sack selbst. Nasse Handschuhe/Socken an einer Leine im Vorzelt oder unter dem Tarp trocknen, dabei ausreichenden Abstand zur Flamme einhalten.


10) Toilette und Entsorgung

Not-Toilette immer abseits von Wasserpfaden, mindestens 60–70 m entfernt. Cat-Hole 15–20 cm tief in mineralischem Boden anlegen, Toilettenpapier sparsam und nur wenn lokal zulässig vergraben; in Schutzgebieten grundsätzlich pack-out. In trockenen Regionen oder alpinem Gelände WAG-Bags nutzen. Hände danach desinfizieren, Werkzeug reinigen. In Gruppen eine feste Stelle definieren, um Kontaminationen im Lager zu vermeiden.

Übersicht: geeigneter Cat-Hole-Standort im Wald, 70 m vom Wasser entfernt, markierter Abflussweg; Schaufel und Beutel bereitgelegt
Distanz, Boden und Entsorgung planen. In sensiblen Gebieten Materialien immer mitnehmen.

11) Tagesabläufe für Solo und Gruppe

11.1 Solo, knappes Wasser

  • Morgens: Hände, Zähne; Gesicht kurz abwischen.
  • Unterwegs: vor Snack Handgel; Hot-Spots checken.
  • Abends: Füße spülen und trocknen; Achsel/Leiste mit Lappen; Socken wechseln; kleine Wunden prüfen.

11.2 Basislager, moderates Wasser

  • Waschplatz einmal einrichten, Wasser mit Beuteln herantragen.
  • Rotationsprinzip: sauberes Wasser für Gesicht/Zähne, zweitverwendetes für Beine/Arme.
  • Alle zwei Tage Ganzkörperguss, dazwischen Tuchwäsche.

12) Packlisten nach Szenario

Minimal, Standard, Gruppe
SzenarioInhaltHinweis
Minimal Mikrohandtuch, 30 ml Handgel, Mini-Zahnbürste + Pasta, 2 Mullkompressen, Pflaster, 2 m Tape, Mini-Seife Ultraleicht, Fokus auf Hände/Zähne/Füße
Standard + Waschlappen, 1 l Beutel mit Hahn, Talkum oder Zinkoxid, Anti-Chafe-Stick, Pinzette, Nagelklipser, 2 Paar Socken Mehr Komfort, bessere Prävention
Gruppe + 10 l Wasserbeutel, faltbare Schüssel, Abfallsystem (Zip-Bags), zusätzliche Handschuhe, Desinfektionsspray für Oberflächen Gemeinsamer Waschplatz, definierte Verantwortlichkeit

13) Klima- und Saisonanpassungen

13.1 Kalt und feucht

Wasser vorwärmen, damit Hände gründlich gewaschen werden. Füße besonders konsequent trocknen, Liner-Socke einsetzen, Schlafsocken trocken halten. Feuchttücher aufwärmen, um Hautreizungen zu vermeiden. Handschuhe für die Wäsche bereitlegen.

13.2 Heiß und staubig

Salze und Staub regelmäßig abspülen, Sonnenschutz abends vollständig entfernen. Leichte Buffs/Schals waschen, weil sie Keime sammeln. Mehr Wasser einplanen.

13.3 Wintertour auf Schnee

Schmelzwasser ist knapp; Prioritätenliste strikt einhalten. Abwasser in Schneegrube weit abseits des Lagers. Lippenpflege und Hautbarriere wichtiger als häufiges Waschen.


14) Häufige Fehler und Korrekturen

  • Seife im Bach verwenden → immer 70 m Abstand, Sickerbett nutzen.
  • Hände nur mit Wasser abspülen → Gel oder Seife einsetzen, 20 s einreiben.
  • Füße abends nicht trocknen → konsequente Routine, Sockenwechsel, Lüften.
  • Waschlappen für alles → sauberes Tuch für Gesicht; zweites für Körper/Schuhe.
  • Verbrauchsmaterial offen lagern → dichte Beutel, getrennte Müllführung.

15) Checkliste

Abendroutine (5–8 Minuten)

  1. Hände reinigen, Kochplatz vorbereiten.
  2. Füße spülen, trocknen, Hot-Spots prüfen, Socken wechseln.
  3. Achsel/Leiste mit Lappen, kurz lüften, Barrierecreme dünn.
  4. Zähne putzen, Spucke in Sickerstelle.
  5. Wassersack neu befüllen, Tücher zum Trocknen aufhängen.

Passender Kurs

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Survival-Tipp

Nr. 209: Erste Hilfe bei Herzstillstand

Weißt du schon? Herzstillstand kann jederzeit auftreten. Auch ohne Ausrüstung rettet richtige Reanimation Leben.

Praxis: Prüfen: keine Atmung, kein Puls. Sofort Herzdruckmassage beginnen: 100–120 Mal pro Minute, Mitte des Brustkorbs, 5–6 cm tief. Mund-zu-Mund-Beatmung nur, wenn geübt – sonst kontinuierlich drücken. Im Team: alle 2 Minuten wechseln. Defibrillator nutzen, wenn vorhanden. Reanimation fortführen, bis professionelle Hilfe eintrifft oder Patient reagiert. Frühzeitige Maßnahmen verdoppeln Überlebenschancen.

Typische Fehler: Zögern, zu flach drücken oder lange Pausen lassen. Auch falsche Position am Brustkorb mindert Effektivität.

Praxis-Tipp: Trainiere Reanimation regelmäßig an Puppen – Muskelgedächtnis rettet Leben im Ernstfall.