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Standortwahl & Schutz – Lee finden, Kaltluft meiden, sicherer Boden

Ein guter Lagerplatz entsteht nicht zufällig. Wer Wind, Mikrorelief und Boden richtig liest, spart Material, schläft wärmer und vermeidet Schäden. Dieser Leitfaden erklärt Schritt für Schritt, wie sich Leezonen sicher erkennen lassen, wie Kaltluft in der Nacht fließt und wo Staunässe entsteht. Dazu kommen klare Handgriffe zur Bodenprüfung, zum Abflussmanagement bei Regen und zu typischen Fehlerbildern. Ein Mini-Rechner hilft, das nächtliche Kaltluft-Risiko des Platzes vorab einzuschätzen.

Kurzprinzip: Platz auf der Leeseite eines Rückens oder zwischen dichter Jungwuchsgruppe wählen, Senken und Rinnen meiden, Boden auf Tragfähigkeit und Entwässerung prüfen, Tropfkante und Abflusswege planen, Totholz von oben ausschließen.
Übersichtsgrafik: Wind von links, Lee hinter Rücken, kalte Luft in Senke, vorgeschlagener Lagerplatz im geschützten Bereich
Leezone hinter Rücken oder dichter Vegetation ist ruhiger und trockener. Kaltluft sammelt sich in Senken und fließt durch Rinnen ab.

1) Lee in der Praxis erkennen

„Lee“ beschreibt die windabgewandte Seite eines Hindernisses. Schon kleine Geländestufen, Baumgruppen oder Buschgürtel erzeugen spürbare Windschatten. Der Schutz ist nicht gleichmäßig: direkt hinter der Kante bilden sich oft Wirbel mit wechselnden Böen, während die Zone etwas weiter dahinter ruhiger ist. Als Faustregel gilt: die wirksame Leezone reicht in flachem Gelände etwa drei- bis fünfmal die Hindernishöhe nach hinten. Hinter hohen Kämmen kann der Wind im Einschnitt jedoch kanalisiert werden – dort entstehen Böenfenster.

  • Zeichen für Lee: ruhiges Gras, weniger Geräusch in den Baumkronen, gleichmäßiger Rauchabzug, stehender Atem beim Ausatmen.
  • Warnzeichen für Wirbel: ständig wechselnde Rauchrichtung, knallende Zweige, leichte Laubwirbel am Boden.
  • Kanalisierung: Engstellen zwischen Felsköpfen oder Waldschneisen beschleunigen die Strömung, obwohl sie im Lee liegen.
Geländeformen und ihr Windverhalten
FormWindwirkungPraktischer Rat
Rücken / Kammklarer Windsturz auf der Luvseite, ruhigere Leeseite ab 3–5× HöhePlatz nicht direkt hinter die Kante legen, sondern etwas tiefer im ruhigen Feld
Mulde / Senkeoft windstill, aber Kaltluftsee und Staunässemeiden, außer bei trockener Wetterlage und gutem Abfluss
WaldsaumWindbremse; im Saum Wirbel, im Bestand ruhigerein paar Meter in den Bestand gehen, keine hängenden Tothölzer über dem Platz
Schneise / TalrinneBeschleunigung entlang der Achseseitlich versetzt in Kleinsenken oder hinter Buschgruppen ausweichen

2) Kaltluft verstehen: nächtliche Abflüsse und Kaltluftseen

In klaren, windschwachen Nächten strahlt der Boden Wärme ab und kühlt stark aus. Dichte, kalte Luft fließt hangabwärts wie ein unsichtbarer Bach und sammelt sich in Mulden. Das Ergebnis sind Kaltluftseen mit deutlich tieferen Temperaturen und höherer Luftfeuchte. In diesen Zonen beschlagen Ausrüstung, Kondens setzt sich auf Decken nieder und der Schlaf wird zugig. Bereits wenige Höhenmeter über dem Kaltluftsee kann es spürbar wärmer und trockener sein.

  • Hinweise im Gelände: Reif oder Tauflecken in Mulden, Nebellinsen in Bachnähe, spürbar kühlere Luft beim Abstieg am Abend.
  • Günstige Plätze: kleine Terrassen am Hang, Rücken, Kuppenränder, Geländesättel mit seitlichem Abfluss.
  • Vorsicht bei Talweitern: selbst flache Wannen reichen, um Kaltluft zu „stauen“.
Skizze mit Kaltluftpfeilen hangabwärts, Nebellinse im Tal, bevorzugte Lagerterrasse am Hang
Bei Strahlungsnächten sinkt kalte Luft ab und sammelt sich in Mulden. Ein Platz einige Meter höher ist häufig wesentlich angenehmer.

3) Boden beurteilen: Tragfähigkeit, Entwässerung, Wurzeln

Der Boden entscheidet über Wärme, Schlafkomfort und Sicherheit. Maßgeblich sind Tragfähigkeit, Wasserabfluss und das, was unter der Oberfläche liegt. Ein kurzer Bodentest spart viele Probleme: mit dem Schuh Absatz drehen – bleibt eine schmierige Paste, droht Staunässe; federt der Boden mit dichter Krautschicht, tragen Wurzeln die Last.

Typische Böden im Outdoor-Alltag
BodentypTragfähigkeitEntwässerungHinweise
Sandig / Kiesiggutsehr gutHeringe lang wählen, Funkenflug vom Feuer beachten
Lehmigmittelmittel bis schlechtbei Regen schnell schmieriger Film; Plattform hilfreich
Humos / Waldbodenmittelgut, wenn Hangneigung vorhandenWurzeln tragen, aber keine Gruben in Torf oder dicken Auflagen
Moorig / Torfschlechtschlechtfeuerempfindlich in der Tiefe, meiden
Felsig / Flachgesteinsehr gutsehr gutAbspannungen improvisieren (Säcke/Steine), Auskühlung beachten

3.1 Drei schnelle Bodentests

  • Schuhtest: kräftig drehen – glänzender Schmierfilm und stehendes Wasser deuten auf Staunässe.
  • Bohrtest: Stock 15–20 cm einstechen – tiefe, nasse Schichten meiden; flache, federnde Schicht ist ideal.
  • Abflusscheck: Regenrinnen, Blattspuren, kleine Kiesfächer zeigen frühere Wasserwege – Platz abseits wählen.
Mann prüft mit Wanderstock die Bodenauflage neben einer flachen Abflussrinne; trockener Lagerplatz leicht erhöht daneben
Kleine Rinnen markieren Abflusslinien. Ein leicht erhöhter, bewachsener Punkt trocknet schneller und bleibt tragfähig.

4) Abfluss & Regenmanagement

Selbst ein trockener Platz kann bei Starkregen zur Pfütze werden. Entscheidend sind Tropfkante, Ablaufwege und die Nähe zu natürlichen Rinnen. Das Wasser muss am Platz vorbeigeführt werden, ohne neue Erosionsspuren zu erzeugen. Gräben dürfen nur dort gezogen werden, wo es erlaubt ist; besser ist die Platzwahl auf natürlicher Erhöhung.

  • Unterkünfte mit klarer Tropfkante planen; Tropfkante mindestens 10–15 cm vor dem Innenraum enden lassen.
  • Bei Hanglage die Öffnung quer zum Gefälle und auf die Leeseite drehen.
  • Feuerstelle niemals in flache Senken setzen; Mineralboden freilegen und Löschmittel bereitstellen.

5) Von oben und ringsum: Totholz, Steinschlag, Überflutung

Sicherheit beginnt über dem Kopf. Hängende Totholzäste, lockere Kronenteile oder tote Stämme („Widowmaker“) sind Ausschlusskriterien. In Hanglagen kommen Steinschlagkorridore und Schneebretter hinzu, in Tallagen plötzliche Wasseranstiege. Bei Gewitterlagen sind Kammnähe und Einzelbäume tabu.

  • Nach oben prüfen: tote Kronenteile, Rindentaschen, Pilzkonsolen am Stamm, schiefe Stämme mit Zugrissen.
  • Hang prüfen: Geröllkegel, frische Bruchkanten, alte Rutschspuren sind Warnzeichen.
  • Tallagen prüfen: Treibholz an Uferlinien zeigt frühere Wasserstände; breite Kiesfächer weisen auf dynamische Bäche.

6) Standard-Arbeitsfolge für die Platzwahl

  1. Groblage: Windrichtung bestimmen, Leeseite am Rücken oder hinter Vegetationsstreifen suchen, Engstellen meiden.
  2. Kaltluft: Senken, flache Wannen und Bachmulden meiden; besser Terrassen am Hang oder Kuppenrand.
  3. Boden: Tragfähigkeit testen, Wasserwege erkennen, leicht erhöhten Punkt wählen.
  4. Gefahren: Baumkronen, Steinschlag, Überflutungsausrisse prüfen; im Zweifel weiterziehen.
  5. Abfluss & Aufbau: Tropfkante planen, Abspannpunkte setzen, Löschmittel bereithalten, Platz spurenarm nutzen.

7) Mini-Rechner: Kaltluft-Risiko für die Nacht

Das Tool schätzt das Risiko eines kalten, feuchten Lagers (Kaltluftsee) aus Mikrorelief, Bewölkung und Wind. Es ersetzt keine Erfahrung, liefert aber eine schnelle Tendenz.

Ergebnis: –

Heuristik: klare, windstille Nächte fördern Abkühlung; Mulden und Bachnähe sammeln Kaltluft. Vegetation bremst Flüsse, heilt sie aber nicht.

8) Häufige Fehler und Korrekturen

  • Platz direkt hinter Kante: Wirbel und Böen. Korrektur: 10–30 m weiter leeseitig oder etwas tiefer.
  • „Schöne Wiese“ im Tal: Kaltluftsee. Korrektur: kleine Terrassen oder Rückenpunkt wählen.
  • Feuchte von unten: Staunässe, fehlende Tropfkante. Korrektur: Plattform/Matte, Tropfkante 10–15 cm vorziehen, Abflusswege freihalten.
  • Unerkannten Wasserweg getroffen: Kiesfächer übersehen. Korrektur: Spuren lesen, Platz verlegen.
  • Gefahren von oben unterschätzt: Totholz. Korrektur: Baumkronen prüfen, notfalls Standort wechseln – nicht „auf Sicht“ riskieren.

9) Checkliste vor der Nachtruhe

  • Windlage bestätigt? Öffnung im Lee, keine Engstelle im Rücken.
  • Keine Mulde, keine Bachrinne, Platz leicht erhöht.
  • Boden trägt, keine Schmierfilme, keine stehenden Pfützen.
  • Kronen- und Hangkontrolle: keine Tothölzer, kein Steinschlagkorridor.
  • Abflussweg und Tropfkante definiert; Löschmittel und Erste-Hilfe griffbereit.

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Survival-Tipp

Nr. 202: Improvisierte Schneefackeln

Weißt du schon? Auch im Winter kannst du mit Schnee Lichtquellen bauen – sogenannte Schneefackeln sind einfach und effektiv.

Praxis: Forme aus Schnee einen stabilen Sockel mit Vertiefung. Dort Fett, Öl oder Harz als Brennstoff hineingeben, Docht aus Stoff oder Moos einsetzen. Flamme wird durch die Schneewand geschützt und reflektiert das Licht. Solche Fackeln sind ideal für Lagerplätze oder als Signal in der Dunkelheit. Sie brennen mehrere Stunden, wenn regelmäßig Brennstoff nachgelegt wird.

Typische Fehler: Zu dünne Schneewände – Fackel schmilzt schnell. Brennstoff direkt in Pulverschnee gießen – versickert.

Praxis-Tipp: Harz oder tierisches Fett immer sammeln – sie sind Brennstoff für improvisierte Lampen und Fackeln.