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Der Versuch einer Survival-Alpenüberquerung (E5) ohne Nahrung

Survival-Überquerung der Alpen auf dem E5


Funktioniert Realistic-Survival von Team-Survival auch in der Realität, oder handelt es sich nur um Techniken, die in Notsituationen eigentlich nicht zu gebrauchen sind? Die Survival-Techniken, die Sie beim Überlebenstraining mit Team-Survival lernen, funktionieren. Wir zeigen Ihnen das nicht nur in unseren Kursen, sondern wenden diese auch selbst in der Praxis an.

Im Juli 2012 starteten wir ein Survival-Experiment im Selbstversuch. Wir wollten Ihnen zeigen, dass ein Mensch auch in Notsituationen überleben kann, wenn er einige Survival-Grundlagen beherrscht und den Willen zum Überleben hat. Diese Survival-Aktion wurde vom BR per Filmteam begleitet, um daraus einen Dokumentarfilm für die Prime Time im deutschen Fernsehen zu produzieren. Der Film wurde bis zum Stand Oktober 2019 mindestens 18-mal auf verschiedenen Sendeplätzen im TV ausgestrahlt.

Die Aufgabe: Alpenüberquerung im Survival-Style nach einem Worst-Case-Szenario

Es sollte ein reales Worst-Case-Szenario nachgestellt werden, mit einer Ausrüstung, die eine Person in einer vergleichbaren Situation auch dabei haben könnte. Im Szenario gingen wir davon aus, dass ein Urlauber mit einem Kajak in einer abgelegenen Gegend gekentert ist und dabei fast die komplette Ausrüstung verloren hat. Er weiß, dass er nicht auf Hilfe hoffen kann, und die nächste Stadt ist 130 km entfernt. Um dorthin zu kommen, muss er ein Gebirge überqueren. So sieht die Situation aus! Da fast alles an Ausrüstung verloren gegangen ist, hat er für die gestellte Aufgabe nur das zur Verfügung, was er beim Kentern am Leib getragen hätte.

Vorhandene Ausrüstung (je Teilnehmer)

  • Kleidung am Körper und 1 Paar Ersatzsocken
  • 1 Regenponcho
  • 1 Feldflasche + Trinkbecher mit 1 Liter Wasser
  • 1 Messer + 1 Firesteel
  • 1 Uhr
  • 1 Kompass
  • 1 Landkarte

Nicht erlaubt

  • Feuerzeug, Zunder, Kocher usw.
  • Zelt, Schlafsack, Isomatte, Tarp usw.
  • Nahrungsmittel und mehr als 1 Liter Wasser
  • Andere Kleidung als die am Körper getragene
  • Andere Werkzeuge als das vorhandene Messer

Um das Szenario erfolgreich zu bestreiten, durfte keine Nahrung von fremden Personen angenommen und natürlich auch nicht in Gasthäusern, Hütten oder Vergleichbarem eingekehrt oder übernachtet werden. Übernachtet wurde nur in Notunterschlüpfen im Freien. Nahrung durfte nur aus der Natur gewonnen werden.

Die Strecke: 130 km Länge | bis 3019 m ü. NHN | 10.000 Höhenmeter | bis -5 °C

Unser Survival-Experiment startete am 30.07.2012 in Oberstdorf (Deutschland) und endete in Italien. Wir haben teilweise den E5-Fernwanderweg benutzt, dabei jedoch alle Strecken zu Fuß bewältigt. Hier finden Sie einige Bilder der Tour: Bilder zur Tour. Die größten Hindernisse sahen wir im Nahrungsmangel in Verbindung mit klimatischen Schwankungen und Schlafmangel. Die Tour haben wir in 5 Tagen bewältigt, und das benötigte Wasser und Nahrung nur aus der Natur gewonnen.

Der Fernsehfilm zum Selbstversuch: Über die Alpen und bis an die Grenzen



Im Nachgang: Zusammenfassung der Survival-Alpenüberquerung

Ein Interview bei SPARTANAT, in dem Ronny zu einigen Fragen nach der Tour Stellung nahm:

Am 30. Juli 2012 ist Team Survival in Oberstdorf in Bayern gestartet und hat komplett zu Fuß am 3. August den Südtiroler Ort Vernagt erreicht. Die knapp 115 Kilometer wurden ohne Mitnahme von Nahrung, dafür aber mit Kamerateam des Bayerischen Rundfunks bewältigt. Im Film, der vor über einer Woche ausgestrahlt wurde, sieht man Ronny Schmidt (re.) und seinen Expeditionspartner Daniel Meier (li.) sich über die Berge mühen. Das hat zu heftigen Diskussionen geführt. SPARTANAT hat nachgefragt: Was war da los beim Überlebensmarsch durch die Alpen?

SPARTANAT: Du bist Suvivaltrainer und in 5 Tagen ohne Nahrung zu Fuß über die Alpen. Deine Bilanz?

Ronny Schmidt: Wer im Flachland lebt und denkt, er ist eigentlich recht fit, wird in den Bergen eines besseren belehrt. Trotz eines wöchentlichen Lauftrainings von min. 3 x 15-20km wurde ich an den ersten Aufstiegen eines besseren belehrt und musste schmerzhaft die Realität erkennen. Fit im Flachland ist nicht gleichbedeutend mit fit in den Bergen.

Eine sehr interessante Erfahrung ist das die Reaktion des eigenen Körpers auf den Entzug von Nahrung und einem großen Schlafmangel. Nach einem anfänglichen Down wegen Unterzuckerung am ersten Tag gewöhnte sich der Körper doch relativ gut an das Ausbleiben der gewohnten Kalorienzufuhr. Natürlich zog sich das Fehlen von Nahrung und die damit da hergehende verringerte Leistungsfähigkeit durch die Tour. Aber nachdem der Körper am zweiten Tag gemerkt hat, da kommt nichts mehr richtig, was ich verwerten kann, hat er sich eigentlich recht gut umgestellt und angefangen die Körperreserven zu verwenden. Am dritten Tag war fast kein Hungergefühl mehr vorhanden, obwohl wir von einem Kalorienbedarf auf der Tour pro Tag von min. 5000 kcal ausgehen können.

Eine weitere wichtige und lehrreiche Erfahrung war das verwenden von Schmelzwasser zum Decken des Wasserbedarfes. Wir tranken pro Tag ca. 6-7 Liter was doch für diese Klimazone recht hoch erscheint. Unseren Fehler und das Verstehen, welche Gründe dies hatte, fiel uns leider erst relativ spät ein. Das Schmelzwasser war einfach zu stark demineralisiert. Ich war bis dato der Meinung, dass der Weg des Wassers durch und über Felsen das Schmelzwasser, was im Grunde ja destilliertes Wasser ist, ausreicht, um diese wieder genügend zu mineralisieren. War aber im Endeffekt nicht so.

Zusammenfassend kann ich eines sagen. Wir haben sehr wertvolle Informationen für das Leben und Überleben in einer vergleichbaren Survivalsituation gelernt. Die war auch ein Hauptpunkt für diese Aktion, da wir damit unseren Kunden in den Kursen echte und lehrreiche Informationen mit auf dem Weg geben können. Dies ist überhaupt der Hauptzweck unserer Aktionen. Testen was funktioniert oder auch nicht. In Büchern stehen bestimmt auch viele Dinge, aber nur die Erfahrung am eigenen Leib zeigt einem Dinge, die wirklich funktionieren oder Humbug sind. Ich sage den Kunden meiner Kurse immer, Ihr braucht in einer Notsituation nicht unbedingt essen. Ihr haltet das ohne Probleme mehrere Tage, ohne große Belastung sogar mehrere Wochen durch. Und genau das wollten und haben wir selber bewiesen.

SPARTANAT: Es gab einen Film dazu. Man sieht, dass es dir am Anfang eigentlich ziemlich dreckig geht. Wieso?

Ronny Schmidt: Die war eine Reaktion auf viele Dinge im Vorfeld. Die weite Anreise mit dem Stress der Dreharbeiten und Vorbesprechungen am Vortag und vor dem Start der Tour in Verbindung mit einem falschen Training und einem Frühstück was aus einer halben Semmel bestand. Ich war einfach nach 5 Stunden laufen unterzuckert und dadurch körperlich am Ende. Dies gab sich jedoch nach 10min wieder und wir sind dann ja noch über 100km bis nach Italien gelaufen. Solch eine Unterzuckerung kann jeden Menschen bei einer Belastung und einem Nahrungsmangel betreffen. Der Körper braucht seine Zeit, um sich auf diese, ihm völlig unbekannte Situation einzustellen. Bei Daniel gab es diese Probleme erst später, was ich auch auf die 35kg Gewichtunterschied zwischen uns beiden beziehe.

SPARTANAT: Dein Partner ist Veganer, du ernährst dich normal. Denkst Du das hat Auswirkungen, wenn man plötzlich nur mehr Pflänzchen zum Essen sammelt?

Ronny Schmidt: Ja, es gibt relativ große Auswirkungen. Daniel hat von Haus aus durch seinen Körperbau und Ernährung einen anderen Grundumsatz. Sein Verdauungssystem ist an Pflanzennahrung besser gewöhnt. Ich muss aber dazu sagen, dass wir eigentlich fast keine Pflanzen gesammelt haben, da die Verdauung und Verwertung von rohen Wildpflanzen und der zugegebenermaßen doch recht geringe Nährwert meines Erachtens in keinem positiven Verhältnis stehen. Man müsste davon einfach zu große Mengen zu sich nehmen um seinen Kalorienbedarf zu decken. Dies stünde aber im krassen Widerspruch zu unseren Vorgaben von 5 Tagen für die Tour, welche durch mehrmalige Neudrehs von Szenen auch nicht gerade leichter wurden und der Zeitplan extrem eng war. Nimmt man jetzt extreme Mengen an rohen Pflanzen auf, kann man es eigentlich fast vergessen die benötigte Tagesleistung zu schaffen, da man den Körper einfach zu viel für die Verdauung und Verwertung aufbürdet.

SPARTANAT: Was war für dich der positive Höhepunkt der Tour?

Ronny Schmidt: Die Freundschaft und der Zusammenhalt mit Daniel, den ich am Start der Tour das erste Mal gesehen habe und der mir heute ein guter Freund geworden ist. Die positiven Reaktionen auf und nach der Tour von wildfremden Menschen. Der Stolz, die Tour bestanden und trotz aller negativen Momente und manchen Selbstzweifel nie aufgegeben zu haben. Ein ganz besonders schöner Moment war die Aussage des extrem erfahrenen Filmteams, das sie am Start der Tour niemals mit einem positiven Ende gerechnet hätten. Sie dachten wir wären ein paar Spinner aus dem Flachland, die nach ein-zwei Tagen aufgeben. Am Ende des zweiten Tages waren Sie schon überrascht und am Ende des drittens wussten Sie, dass sie sich in uns völlig getäuscht haben. Dies war ein sehr großer Moment, solche Worte aus dem Mund von Leuten mit solcher Erfahrung zu hören. Und natürlich war ein riesiges positives Erlebnis, die gewaltige Kraft, Schönheit aber auch Härte der Berge zu sehen, zu fühlen und zu erleben. Dieses Gefühl der Freiheit ohne Verpflichtungen in diesem wahnsinnig schönen Bergen war einfach unbeschreiblich.

SPARTANAT: Ihr wollt nun im Winter dieselbe Tour zu dritt noch einmal machen, von Obersdorf nach Meran, 130 Kilometer zu Fuß teilweise durchs verschneite Hochgebirge. Ist das nicht ein bisschen leichtsinnig?

Ronny Schmidt: Für mich muss ein kleines Abenteuer auch etwas Gefahr beinhalten. Würde die Tour ein Profialpinist machen, welcher dort wohnt und jeden Tag in den Bergen unterwegs ist, wäre es nichts Besonderes. Wir möchten aber zeigen, dass diese Tour auch von normalen Menschen zu schaffen ist. Wir gehen jede Vorsichtsmaßnahme ein, welche auf so einer Tour vorhanden sein sollte. Diesmal besteht das Team aus drei Personen. Der dritte Teilnehmer ist Sepp Fischer, ein gebürtiger Österreicher, der jetzt bin Bad Tölz lebt. Er ist der Trainer unseres Stützpunktes in Bayern und hat eine große Erfahrung mit und in den Bergen. Unsere Ausrüstung besteht aus Top Material und Sicherheitsgeräte wie z.b. ein LVS werden uns für die Tour gesponsert. Ich meine, dass dies recht gute Voraussetzungen für ein Gelingen der Tour sind. Vor einem Schneebrett oder einer Lawine ist man natürlich nie gefeit.

Ich glaube, folgende Aussage, die ich zur Tour veröffentlicht habe zeigt meine persönliche Intension und bedarf eigentlich keiner weiteren Diskussion zum warum oder weshalb: „Warum gehen 3 Jungs so ein Risiko ein? Für was? Ganz einfach – Ein Mann tut was ein Mann tun muss. Geht Wagnisse ein. Man sollte nicht sein ganzes Leben planen und Angst haben, dass etwas passieren könnte. Wo ist sonst das Abenteuer? Wo ist man noch ein freier Mensch, wenn nicht auf Touren an der persönlichen Grenze in einer lebensfeindlichen Umgebung. Träumt nicht von einem Abenteuer – Lebt das Abenteuer.“