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Team-Survival - Die autarke Durchquerung der Negev-Wüste in Israel

Durchquerung der Negev-Wüste in Israel zu Fuß mit Sulkys


Nur zwei Arten von Menschen ertragen das Leben in dieser Wüste: Verrückte und Propheten

Diese Aussage stammt aus dem Buch "Bericht an Greco" von Nikos Kazantzakis. Nun gut, Propheten sind wir schon einmal nicht. Verrückte? Ein bisschen vielleicht. Aber eigentlich sehen wir uns als Menschen, die ihre eigenen Grenzen erreichen und überschreiten möchten.

Nach unseren letzten Aktionen wird es Zeit für etwas Neues. Deshalb möchten wir am 02.02.2014 eine neue Klimazone in Angriff nehmen und unsere bekannte Umgebung verlassen. Diesmal dreht es sich nicht um ein Survival-Szenario, sondern wir werden das Thema der Aktion auf die komplett autarke Versorgung ab Start, die sehr große Strecke in einer Wüstenregion, mediale Eindrücke dieser wunderbaren und doch so fremden Region und den Kontakt zu den Bewohnern legen. Einige Bilder der Negev-Wüstendurchquerung finden Sie hier: Bilder Israelexpedition.


Die Aufgabe: Eine autarke Durchquerung der Negev-Wüste in Israel

Mit dieser Expedition möchten wir Ihnen einen interessanten Einblick in die Erlebnisse der beiden Protagonisten auf der Tour in Verbindung mit wunderbaren Eindrücken vom Heiligen Land und den Bewohnern der durchquerten Gebiete geben. Die Strecke führt durch eine Steinwüste und felsiges Gelände. Die Versorgung soll durch Mitnahme einer Mindestmenge an Verpflegung und dem benötigten Bedarf an Wasser komplett autark erfolgen.

Das benötigte Wasser werden wir in unseren Sulkys transportieren, da eine Mitnahme in Rucksäcken aufgrund der benötigten Menge nicht möglich ist (ca. 40 Liter pro Person). Die Verpflegung wird bei Ronny nur aus Chia-Samen und Matcha, bei Daniel aus landestypischen Nahrungsmitteln wie Trockenfrüchten und Nüssen etc. bestehen, da diese ohne Kühlung sehr einfach zu transportieren sind.


Ronny und Daniel in der Negev-Wüste


Die Strecke: 225 km Länge | Steinwüste | Keine gesicherte Wasserversorgung

Die Anreise: Ankunft in Tel Aviv, von dort Fahrt mit einem Mietwagen nach Mitzpe, dem Startpunkt der Tour. Die Route wird u. a. über ein Teilstück des Israel National Trail (hebräisch: שביל ישראל, Schvil Jisra'el) verlaufen. Die Negev-Wüste wird somit über eine Nord-Süd-Querung durchquert. Start der Tour wird in Mitzpe Ramon bzw. etwas östlicher im Machtesch Ramon sein. Die Route folgt von dort entlang dem Rand der Arava-Senke bis nach Eilat an das Rote Meer. Die reine Laufstrecke ohne An- und Abreise muss in 10 Tagen absolviert werden.


Bark River Messer


Große Herausforderungen erfordern einen hohen Anspruch an die Ausrüstung! Zwei Hochleistungsausrüstungsteile werden uns für diese Expedition von Mike Stewart persönlich zur Verfügung gestellt! Mike Stewart lebt in Escanaba, Michigan, USA. Als Gründer und Inhaber der Messermacherei "Bark-River Knives and Tools" (https://barkriverknives.com/) hat Mike selbst sehr viel Freude an dem Thema Bushcraft und Survival. BRKT überlässt uns zwei Exemplare des Modells "Bushcrafter" in CPM 3V Stahl. CPM3V ist ein pulvermetallurgischer Hochleistungsstahl, der uns in allen Lagen gute Dienste leisten wird und auch muss!

Seinen persönlichen Einsatz, um bestmögliche Werkzeuge zu garantieren, möchten wir hier sehr gerne hervorheben. Zitate aus den Gesprächen:


"It is very exciting. I will make sure these are perfect and razor sharp."
"I think it is important to give people wilderness learning skills and sharing them is a high priority for us."
Mike


Der Film und Daniels Reisebericht zur Durchquerung der Negev-Wüste


Der Plan

Es sollte bei unserem diesjährigen Abenteuer mal eine andere Klimazone sein. Wüste ist der Begriff, der uns da als Erstes in den Sinn kam. Ein Ort der Extreme, genau unser Ding! Dazu sollte es dieses Mal keine klassische Survival-Tour ohne Ausrüstung werden. Dennoch sollte es auch wieder eine Herausforderung sein, ein "Arschaufriss", denn "einfach" kann schließlich jeder! Die geplante Tour hatte also folgende Auflagen: 220 Kilometer in 10 Tagen, zu Fuß und autark! Autark bedeutete in unserem Fall: Nahrung und Wasser für die gesamte Tour müssen mit eigener Muskelkraft transportiert werden. Das Anlegen von Wasserdepots oder das Einkaufen von Nahrung und Getränken während der Tour war uns nicht gestattet! Auch wenn es entlang der ausgewiesenen Wanderrouten immer wieder Einkaufsmöglichkeiten gibt.

Das Klima im Februar

Das Klima im Februar ist sehr heiß, dennoch nicht mit dem der Sahara beispielsweise zu vergleichen. Wir hatten Höchsttemperaturen von ca. 36°C, in den Sommermonaten steigen die Temperaturen locker auf 45°C oder mehr. Die Negev ist eine Steinwüste, was unser Vorankommen erheblich erleichtern sollte (dachten wir). Diese Eigenschaften, gepaart mit unserem persönlichen Interesse am Land, haben letztlich keine andere Wahl zugelassen! Flug buchen, Tour planen, Spaß haben!

Ausrüstung

Ich habe sehr viel Erfahrung mit Outdoor-Touren jeglicher Couleur! Von Survival-Touren mit Minimal-Ausrüstung bis zu ausgedehnten Trekking-Touren mit vollgepackten 70-Liter-Säcken! Darum fiel mir die Wahl der Ausrüstung wenig schwer, auch wenn die angegangene Klimazone völlig neu für mich war!

Ein Zelt (Northface Tadpole), Isomatte (Z-Lite), Schlafsack (Freetime Micropack 600) bildeten mein Schlaf-Setup. Anforderungen an das Zelt: Es sollte frei stehen, ohne abgespannt werden zu müssen, und dazu sollte es vom Außenzelt separiert werden können. Das Außenzelt habe ich gerne als Sonnensegel bei Pausen abgespannt, ähnlich wie ein Tarp.

Anforderungen an den Schlafsack: Die Nächte werden in der Wüste empfindlich kalt. 0°C in der Nacht ist keine Seltenheit, wenn auch nicht immer so kalt. Jedoch gab es keine Nacht, in der das Quecksilber über 5°C stieg. Mein Schlafsack hatte eine Komforttemperatur von 11°C und war schon sehr alt; er stammt aus der Zeit, als ich noch Vegetarier war und nicht vegan. Mein einziger Daunenschlafsack in meinem Ausrüstungsfundus. Packmaß: kleiner als eine 1-Liter-Nalgene-Flasche.

Ich bin wenig verfroren und habe ausschließlich im Zelt genächtigt; dort ist es niemals so kalt wie unter freiem Himmel. Dieser Sommerschlafsack reichte mir die gesamte Zeit über. Zum Wassertransport (40 Liter) habe ich mich für die Wassersäcke der Schweizer Armee entschieden. Diese Säcke sind äußerst robust, haben ein sehr zuverlässig arbeitendes Auslassventil und ein Fassungsvermögen von 20 Litern. Jedoch kann und werde ich diese Säcke nicht weiterempfehlen, das Wasser aus diesen Säcken schmeckt einfach widerlich nach Autoreifen. Nach 5 Tagen hatte ich einfach keine wirkliche Lust zu trinken. Das Wasser schmeckte nach Gummi, und ich bin bei solchen Dingen wirklich nicht empfindlich.

Dennoch: Irgendwohin mussten ja die 40 Liter Wasser. Also: "Augen zu und rein damit!" :) Meine Verpflegung bestand aus 800 g Datteln, 400 g getrockneten Beeren, 600 g Nüssen, einer 350-g-Dose Baked Beans und einer Dose gefüllte Weinblätter. Die Bohnen und die Weinblätter waren jedoch unnötig, einfach nur dabei, um mal was anderes als Nüsse beißen zu können.

Ein robuster Rucksack, den ich auf die Sulky schnallen konnte, war der S.O.Tech Mission-Pack-Trek. Dieses Teil ist für mich nun die Referenz in Sachen Stabilität. Ein kleiner Tagesrucksack für Kamera etc. musste auch noch mit. Bei der Kleidung habe ich mich für eine leichte, aber lange Baumwollhose, Lederstiefel, Baumwoll-Shirts und einen 100er Fleece entschieden. Die Oberbekleidung habe ich bewusst in Schwarz gewählt.

Natürlich ist es so, dass schwarze Kleidung die Hitze sprichwörtlich anzieht, jedoch UV-A und UV-B Strahlung sehr zuverlässig abschirmt. Das funktionierte bestens, keinen Sonnenbrand an Stellen, wo Schultergurte beispielsweise sehr schmerzhaft sein können. Die 50er Sonnenmilch hat dagegen völlig versagt. Zum Glück hatte ich den Kopf und Hals mit zwei vor UV-Strahlung schützenden Schlauchtüchern geschützt; nur die Nase lag frei und brutzelte entsprechend fröhlich vor sich hin, trotz Sonnenmilch. Seltsam!

Eines der allerwichtigsten Ausrüstungsstücke war die Sonnenbrille. Nur wenige Minuten ohne Sonnenbrille waren einfach sehr unangenehm. Möglich, aber nicht schön!

Die Anreise

Unser Flieger landete gegen 12 Uhr deutscher Zeit, die aktuelle Differenz: MEZ: +1:00 Stunde. Schon im Vorfeld haben wir von den verschärften Sicherheitsbestimmungen bei der Ein/Ausreise gehört, die volle Tragweite dessen war uns aber bis dahin nicht klar. Mit folgenden Fragen (ausschließlich auf Englisch oder Ivrit) muss bei der Einreise gerechnet werden:

Wo kommen Sie her, wo in Israel wollen Sie sich aufhalten? Haben Sie vor nach Palästina, Jordanien, Gaza, Ägypten zu reisen? Welcher Religion gehören Sie an? Welche Religion üben Sie aus? Was genau wollen Sie in Israel machen? Waren Sie in der Vergangenheit schon mal in arabischen Staaten? Kennen Sie jemanden in Israel? Kennen Sie jemanden in Palästina, Jordanien, Gaza oder Ägypten? ...bla bla bla!

"ethnic profiling" ist hier an der Tagesordnung, muss man nicht mögen aber in Kauf nehmen, Juden werden bevorzugt, Araber müssen mit sehr Zeitintensiven Befragungen rechnen, auch Fälle in denen private E-Mail Konten und Social-Network Konten ausgelesen wurden, sind bekannt. Wer mit Laptop anreist, sollte seine Daten vorher unbedingt sichern, nicht erst einmal, ist es vor gekommen, dass diese Geräte geöffnet wurden.

Soviel war klar: Es könnte länger dauern! Was aber nun nach meiner Befragung passierte, damit hätte ich nie gerechnet. Ich wurde nun von zwei hinter mir erscheinenden, bewaffneten Sicherheitsbeamten in einen kleinen separierten Raum gedrängt, der Reisepass wurde mir abgenommen und ich durfte dann Platz nehmen. OK!? Nach ca. 1 Stunde wurde ich von einem uniformierten Mitarbeiter der Flughafensicherheit abgeholt. In einem kleinen Büro begutachtete er meinen Reisepass und stellte mir oben genannte Fragen die mir jedoch schon zu Beginn gestellt worden waren.

Ich habe natürlich gesagt, dass eben genau diese Fragen schon von mir beantwortet wurden, was wenig nutzte. Also alles brav wiederholen! Einige Worte in das Walkie-Talkie, einige Klicks am PC und ich bekam nun knallhart ins Gesicht gesagt wo das Problem liegt: "Your Beard, you are pretty looking like a Muslim"! Why are you wearing this Beard?" Damit habe ich ja nun überhaupt nicht gerechnet! Meine Antwort: " I dont know, never thought about my Beard" I am not a Muslim, just Christian even never practising christian faith"

Das führte dazu, dass er mich zurück an meinen Platz verwiesen hat! Wiederum 1 Stunde später holte mich ein anderer Mitarbeiter der Sicherheit ab, selbe Fragen, selbe Antworten. Auch hier wieder die sehr direkte Frage nach meinem Barte! Eigentlich ist es schon ziemlich lustig das mein Bart für so viel Aufregung sorgte :-) Ich durfte wieder Platz nehmen. 1 1/2 Stunden später kam die Nächste, eine Frau von geschätzten 25 Jahren und 155cm Körpergröße.

Die Pistole an Ihrem Gürtel machte das groteske Bild komplett! Auch hier wieder die mittlerweile sehr nervigen Fragen...und wie hätte es auch anders sein können: "Why are you wearing this Beard?" Dieses Mal musste ich ganz fürchterlich loslachen, es war einfach so witzig und unwirklich... Das Lachen versuchte Sie mit harschem Ton zu unterdrücken und natürlich auch zu hinterfragen.

Ich fragte Sie dann: " You really want to know? The reason why im wearing my Beard?" Sie: "Yes, for sure" Ich: "The reason is: when i shave it, my wife would kill me" Jetzt konnte auch sie sich nicht zusammenreißen, kicherte kurz und fragte sehr interessiert nach meiner Ehefrau, kurz den Ehering gezeigt, Foto meiner Frau gezeigt und 15 Minuten später stand ich mit meinem Pass und dem Visum, bei Ronny an der Gepäckausgabe!

Die Ankunft in Mitzpe Ramon

Direkt am Flughafen kann man sich Prepaid-Karten für sein Handy besorgen, die Verkäufer sprechen gutes Englisch und die Netzabdeckung ist Landesweit hervorragend. Selbst im Negev hatten wir mit dem Anbieter "Cellcom" zu allermeist sehr guten Handy Empfang und Netzwerkanbindung. Mit dem Leihwagen fuhren wir dann Richtung Mitzpe Ramon, einer kleinen Stadt, mitten in der Wüste. Mitzpe ist geprägt durch seine alternative Szene. Es gibt sogar ein Veganes Restaurant, einen kleinen Supermarkt und im Ganzen ist dieses Städtchen einfach nur schön.

Unser Aufenthalt in Mitzpe Ramon

Unser Hostel war das "The green Backpackers" ein wirklich sehr zu empfehlender Aufenthaltsort. Der Besitzer ist ein absolut cooler Typ, sehr zuvorkommend und für jeden Quatsch zu haben. Wir sind am Abend angekommen und wollten einfach nur noch schlafen. 2 Nächte haben wir dort verbracht und während dieser Zeit auch der Großstadt, Be’er Scheva, einen Besuch abgestattet. Wir mussten unseren Leihwagen in Be’er Scheva abgeben da es in Mitzpe keine Avis Niederlassung gibt. Be’er Scheva ist riesig, erinnert an westlich orientierten Shopping-Städte, das Angebot an Waren ist tatsächlich ähnlich dem, was wir hier aus Deutschland kennen. Mit dem Reisebus ging es dann zurück nach Mitzpe, schließlich startete unsere Wüstentour am nächsten Tag!

Die Busfahrt und der Start der Wüstentour

Die Busse selbst sind hoch modern, klimatisiert und mit kostenlosem WiFi Zugang versehen, selbst USB Ladebuchsen befinden sich an der Decke, neben der Lüftung und den Leselampen. Herrlich. Etwas befremdlich war das extreme Waffenaufgebot im Bus. MGs, Pistolen und Granatwerfer, welche die Mitglieder der IDF stets mit sich führen müssen, befremden den westlich sozialisierten Touristen im ersten Moment doch sehr. Im Bus selbst bin ich mit einer deutschen Studentin ins Gespräch gekommen die in Mitzpe Ramon ihren Lebensgefährten besucht. So ging die Busfahrt wenigstens schnell vorbei. Am späten Abend, Sulky gepackt, Ausrüstung gecheckt, Akkus geladen... Schnell noch vor die Tür eine Rauchen und dann ab ins Bett, schließlich beginnt Morgen der Ernst der Tour... DENKSTE!!! Ich hatte die Zigarette nicht mal halb gepafft, da sah ich zwei Schemenhafte Gestalten auf mich zukommen. "Hallo, da seit Ihr ja" ??? Es war die Studentin aus dem Bus, die mit Ihrem Freund im Arm und einer Flasche Wein, freudig grinsend auf mich zu kam. Der Abend zog sich bis ca. 3 Uhr in der Nacht!

Tag 1 -3

Der Tag fing ziemlich mühsam an. Gegen 3 Uhr im Bett, gegen 7 Uhr ging schon der Wecker. Aber man muss schließlich Prioritäten setzen und den Abend wollte ich nie wieder missen. Danke an Euch beide :-) Als wir mit unseren vollbeladenen Sulkys draußen standen und bereit zum Aufbruch waren, kam noch der Besitzer des "Backpackers" und wollte unbedingt nochmal eine gute Tour und viel Spaß wünschen. Er war total begeistert von den Sulkys und hat darauf bestanden, das Ding mal ziehen zu dürfen! Cooler Typ! Da standen wir nun, am Rande des Kraters, dem Tor in die Wüste, der Wildnis! Und hier wurde uns schnell klar, welche Strapazen auf uns warten!

Felsiger Abstieg ohne Weg, auf dem eine Sulky fahren könnte.... Die nächsten 2 Stunden verbrachten wir also damit, unsere Sulkys meterweise die Geröllfelder hinunter zu schleppen. Erst die eine Sulky, dann die andere, Pause, zurück nach oben, die andere Sulky hinunter, absetzen, zurück nach oben und so weiter... Entsprechend geschlaucht standen wir zwei Helden dann endlich am Fuße des Kraters, es tat sich ein irrsinnig schönes, wenn auch tristes Bild vor uns auf.

Die nächsten Kilometer kam ich aus dem Staunen nicht raus. Bizarre Felsformationen, Steine von tiefschwarz bis dunkel Lila, dazu Dornenbüsche, Sand und Schotter im Wechsel. Die Kilometer flogen nur so dahin, wir haben sehr schnell einen guten "Tritt" gefunden. Hier stellte sich das Ziehen des Wanderwagens, also der Sulky, als sehr angenehm heraus.

Gegen 18 Uhr, man kann die Uhr danach stellen, wird es Dunkel und dann kommt auch ziemlich schnell eine empfindliche Kälte auf. Aber wir mussten noch etwas weiter. Folgende Informationen hat uns der Besitzer des Hostels noch mitgegeben: In der Negev ist das wilde Campieren nicht erlaubt, Rangertruppen patrouillieren auch mit Infrarotgeräten.

Es gibt genug kostenfreie Campgrounds die auch als solche ausgeschildert und gut erkennbar sind. Auf den Karten (1:50000) sind sie als jeweils 5 kleine Punkte auszumachen. Feuer darf man grundsätzlich machen, jedoch gilt es als streng verboten, Holz aus der Wüste zu sammeln, heißt: Feuer darf entfacht werden, Feuerholz muss aber mitgebracht werden. NA TOLL! Egal, muss auch ohne Feuer gehen. Am Campground angekommen hieß es dann: Essen, Zelt aufbauen, schlafen...

Die Nächte in der Negev sind empfindlich kalt, habe ich ja schon erwähnt, das hat zur Folge das man nach Anbruch der Dunkelheit noch ca. 3 Stunden hat, dann sollte man sich entweder in Winterkleidung oder im Schlafsack aufhalten. Ich habe den Schlafsack bevorzugt, was auch gut so ist, die Stunden der Regeneration waren so ausreichend und am Morgen lohnte es sich erst gegen 8 Uhr aus dem Zelt zu kriechen, dann sind die Temperaturen so warm, dass es regelrecht Spaß macht aus seinem Zelt zu kriechen, in dem sich nicht selten schon um 9 Uhr eine Bullenhitze angestaut hat.

Der folgende Tag war sehr heiß, ich meine wirklich heiß. Die Temperatur muss nicht immer an der 50°C Marke kratzen, um einen in die Knie zu zwingen, das Fehlen von Schatten, die erhöhte Anstrengung und das gänzliche Ausbleiben von Wolken am Himmel, sorgen schon bei 36°C für Hitzewellen, dabei bin ich gerade erst 33 Jahre jung und relativ fit!

Der Weg führte uns viele Kilometer über 4x4 Straßen, also gut zu begehen und wenig fordernd und sogar für 4x4 Fahrzeuge zu befahren. Ein perfekter Tag! Wäre da nicht dieser kleine Umstand, dass wir nun mitten vor einer Steigung standen, Ein "Fahrräder Verboten" Schild und serpentinengleiche, in der Ferne auszumachende Wege am Berg, ließen alle Hoffnungen auf eine gemütliche Tagesetappe, schwinden.

Oben angekommen mussten wir erkennen, dass es hier noch lange nicht fertig ist mit Bergen, Geröllfeldern und Felsenstufen. Im Gegenteil, die nächsten Steigungen waren teils so extrem, dass ich die mit Moosgummi bezogenen Deichselstangen meiner Sulky auf den Boden pressen musste, um einen sicheren Tritt zu finden. Ein sicherer Tritt bedeute bei 40 Grad Hanglage mit Schotterdecke oft nur ein kleiner Stein, an dem ich mich und die 60 Kilo Sulky, welche hinter mir den fiesen Drang nach unten verspürte, die nächsten 50 cm. weiter hoch schleppen konnte.

Ein Königreich für eine Bremse... Ronny hatte Bremsen an seiner Sulky, ich habe Ihn in dem Moment dafür gehasst! Diese Steigungen haben mir tatsächlich sehr zugesetzt, ein Gefühl von einem Funken Sicherheit fehlte gänzlich. Ich bin ein tougher Hund, muss aber zugeben dass ich hier einige Mal innerlich geschrien habe.

Nach dem letzten Anstieg eröffnete sich uns ein Anblick der so nur von Göttern geschaffen worden konnte! Wir haben außerdem einen wunderschönen Ausblick auf die folgende Route gehabt. Der Weg, der endlich ersehnte Weg der Bergab führt. Wir wussten dass wir bald die Berge überwunden haben. Wir waren uns der geplanten Route sehr sicher, mussten unsere Nord-Süd Route, großenteils entlang des Israelian National Trails orientieren.

Die Motivation zu der geplanten Route war jedoch von gezwungener Natur, ist im Negev doch sehr viel Militär unterwegs, riesige Gebiete auf der Karte sind rötlich eingefärbt, sogenannte: "Firing zones" Diese Zonen sind Mil. Sperrgebiet, hier wird scharf geschossen! Und das hier auch wirklich scharf geschossen wird das hört man nicht selten. Der INT führt durch viele dieser Gebiete, darf ohne weiteres belaufen werden. Jedoch bedeutet das häufig Umwege und an Stellen wie eben diese hier, da kann man nicht einfach so am Fuße des Berges abkürzen und durch die Sperrgebiete gondeln.

Das war vor wenigen Jahren noch anders, nicht ganz so verschärft und deshalb muss ich hier unbedingt empfehlen, aktuelles Kartenmaterial vor Ort zu besorgen. Hilfsbereite Einheimische werden Euch die Legende übersetzen. Die Karten sind alle auf Hebräisch verfasst! Leider habe ich die Rechnung bisher ohne diese rollenden Gewichte gemacht. Was zu dem Umstand führte, dass wir es zwar bis an diesen wunderschönen Ort geschafft haben, es allerdings schon kurz nach 17 Uhr war! FU**!!! Und da standen die zwei Helden wieder mit ihrem Latein ;-) Und genau in diesen Augenblicken weiß ich weshalb ich solche Touren mit Ronny unternehme, er hat einfach eine ebenso große Macke wie ich.

Nach einigem Fluchen und folgendem Lachkrampf über unsere missliche Lage, wurde es auch nicht wirklich heller! Mit Stirnlampen bewaffnet führte der Weg über den Bergkamm, Wege die ca. 20 cm. schmaler waren als die Spur unserer Vehikel, abwechselnd links oder rechts ging es steil Bergab. Wäre eine der Sulkys dort abgegangen, hätte keiner von uns das Gewicht halten können und hinunter klettern um Ausrüstung zu retten... An einigen Stellen sicher möglich aber ziemlich dumm! Adrenalin Pur. Es war MEGA GEIL! Gewähltere Worte wären einfach unpassend! Eine ganz besondere Stelle an der mein Rausch der Endorphine ganz besonders rein hämmerte, ein Felsvorsprung an einem Weg, so breit das ein Rad der Sulky an der Felswand links von mir rollen musste, rechts von mir ging es dann hinab. Eine Schlucht von ca. 30 Metern Höhe! Und mitten drin dieser Vorsprung! Wer schon mal gesehen hat, wie "Kit", das Auto von "Knightrider" auf zwei Rädern fährt, wird sich vorstellen können wie ich diese Passage mit der Sulky bewältigt habe.

Der weitere Weg war relativ unspektakulär, führte über riesige mit scharfem Obsidian gesäumte Felder. Wir sind aber noch lange nicht unten, um zum nächsten Campground zu gelangen müssen wir wenigstens noch 2 Anstiege und diverse Abstiege meistern, Die Höhenprofile der Karte haben übles erahnen lassen :-) Unsere zweite Nacht war also wild, hier oben kommt kein Jeep hin, hier können wir bleiben. Eine ebene Stelle zu finden um das Zelt aufzubauen war ein eigener Bericht wert.

Die Nacht war schrecklich, wir sind schon um 7 Uhr aufgebrochen, wussten ja was auf uns wartet. Sehr motivierend! Wie befürchtet waren die Anstiege sehr knackig aber bei weitem nicht so furchtbar wie am Tage davor! Die Abstiege ähnlich ungemütlich, nicht selten mussten wir die Sulkys an 1 Meter hohen Felsen ablassen oder hinaufziehen. Zwischendurch wurden wir mit ebenen Flächen belohnt, häufig mit sehr feinem Sand, wie man es sich in einer Wüste vorstellt. Das Ziehen der Sulkys war auf Sand erheblich erschwert, aber immer noch sehr angenehm, macht man sich bewusst, wie viel Gewicht man durch die Landschaft befördert.

Bald kam die nächste Hürde, eine Art kleiner Canyon, der sehr schmal war, so schmal dass es einfach nicht möglich war, die Sulky hindurch zu bekommen. Der Abstieg hinter diesem Canyon war eine Kletterei über riesige Felsblöcke, keine Chance hier mit Reifen hindurch zu rollen. Die Wahl einer unserer zwei Möglichkeiten war sehr einfach. 1. Gepäck einzeln durch die Spalte und einzeln hinunter tragen um die Sulky unten wieder aufzubauen 2. Gepäck einzeln durch die Spalte und hinunter werfen um Gehwege zu sparen ;) Wir haben uns für erstere Möglichkeit entschieden! Unten angekommen! Und dann ein letzter sehr heftiger Anstieg, oben angekommen haben wir eine Gruppe aus New York getroffen, die uns versichert hat, dass unsere bisherigen Anstiege noch nichts gewesen seien.

Na, die Karte sagt was anderes und immerhin sind die ja auch von der anderen Seite hinauf gekommen. Die würden sich noch wundern :-) Hehe! Es ist mittlerweile 13 Uhr und gegen 15 Uhr würden wir wohl am Campground sein. Wir entschlossen uns auch hier zu bleiben, obwohl wir auch heute die angepeilten 20 km nicht geschafft haben. Aber das ist nicht schlimm, die nächsten Tage wird es keine fiesen Berge mehr geben, keine Stellen, an denen es einfach nicht weiter geht, dazu nimmt ja auch das Filmen eine Menge Zeit in Anspruch. In den nächsten Tagen werden wir Kilometer aufholen. Also gemütlich machen.

Ein besonderes Treffen

Es dauerte nicht lange und eine mehrköpfige Gruppe junger Israelis kam an den Platz. Nach den ersten Begrüßungen auf Englisch und der obligatorischen Frage der Herkunft, fing einer der jungen Männer an, ausgesprochen gutes Deutsch zu sprechen. Oh wie toll ist das denn? Der junge Mann hat 3 Jahre in München verbracht und versicherte uns, dass bald sein Kumpel mit dem Jeep ankommen wird.

Er wird mit weiteren Begleitern, Zelten, Fleisch und Bier und Wein kommen. Er erklärte uns, dass es sich um eine Gruppe Outdoor-Freaks handelt, die letztes Jahr sogar die Alpen zusammen überquert hatten. Wir haben viel geredet, unsere Geschichten erzählt, er ist Outdoorguide und fand unser Projekt fantastisch, eine irre Idee, aber genau der Spirit, den er selbst auch lebt. Diese Gruppe trifft sich in regelmäßigen Abständen in der Wüste und feiert, trinkt und isst zusammen.

Irgendwann wurde es dunkel, der Jeep war auch angekommen und Tische, Stühle, Zelte wurden aufgebaut. An die Autobatterie wurde eine Lichtergirlande angeschlossen. Zwei Europaletten dienten als mitgebrachtes Feuerholz. Es war so irrsinnig heimisch. Wie ein BCD-Treffen, bei dem sich keiner kennt, jedoch alle auf derselben Welle schwingen.

Zwei Krankenpfleger waren darunter und wir haben uns gegenseitig Anekdoten unserer Arbeit erzählt. Es wurden 2 gusseiserne Töpfe mit Fleisch und Gemüse gefüllt in das Feuer gestellt. Wir sollten mit ihnen essen. Ronny lehnte dankend ab, erklärte von seinem persönlichen Experiment, sich auf der Tour ausschließlich von Chia Samen zu ernähren. Also kein Fleisch.

Lediglich den hausgemachten Humus hat er aus Höflichkeit probiert. Ronny ist ein Musterbeispiel an Selbstdisziplin. Ich dagegen habe angesichts der Nettigkeit und Warmherzigkeit der Jungs auf meine Prinzipien gesch... Jawohl, dieser Abend sollte legendär werden und Zeit für Askese werde ich noch genug haben. Ich musste allerdings dankend das Hauptgericht ablehnen, da ich vegan lebe.

Während ich in Deutschland wohl mal wieder für meine Lebensweise belächelt werden würde, ist der Vegetarismus in Israel eine absolut normale Sache, und bevor ich noch etwas sagen konnte, wurde ein dritter, kleinerer Topf, voll mit feinstem Gemüse in das Feuer gestellt. So eine Freundlichkeit! Wahnsinn! Ich habe zwei volle Stahlnäpfe Gemüse vertilgt und bin dem Wein verfallen. Ich war voll wie ein russischer Touren-Bus und habe selten Momente erlebt, in denen ich mich so lebendig gefühlt habe. Wer mich in meinen Schlafsack gebracht hat? Das weiß nur die Wüste!

Tag 4 - 7

Die Nacht endete sehr früh. Ich wurde wach, weil meine beiden Hunde sich bekämpft haben. Dieses Gejaule und Gebell hat mich aus meinem Schlaf gerissen. Ich realisierte erschreckend schnell, dass ich im Zelt liege und meine Hunde ca. 2000 Kilometer weit entfernt sind... Aber was jault, heult und bellt da?

Ich wusste, dass es Hyänen und Wölfe in diesem Gebiet gibt, was einen ruhigen Schlaf ab diesem Zeitpunkt so gut wie unmöglich machte. Scheiß Wein! Wobei dieser mir wohl dabei geholfen hat, immer wieder einzuschlafen. Der nüchterne Ronny, so habe ich am nächsten Morgen erfahren, hatte weniger Glück. Gegen 7 Uhr morgens sind wir aufgestanden, großer Schreck, denn Ronnys Sulky war weg. Ein kurzes Umsehen gab Aufschluss über den Verbleib! Die Sulky stand ca. 70 Meter weiter an einem Stein verhakt in der Wüste. Warum? Bissspuren an einem Riemen und getrockneter Speichel deuteten darauf hin, dass es ein Tier gewesen sein muss.

Das Heulen in der Nacht. Einer der Jungs berichtete, einen Schakal gesehen zu haben, die Spuren im Sand haben jedoch verraten, dass es ein Wolf gewesen sein musste. Die Population arabischer Wölfe ist sprunghaft angestiegen, nachdem Israel den Schutz dieser Spezies veranlasst hat. Oh Mann... Irgendwie ein sehr geniales Feeling, aber auch nachdenklich stimmend! Immerhin wog die Sulky nach einigem Wasserverbrauch noch immer gute 50 Kilo, vielleicht etwas mehr. Die Jungs haben noch gefrühstückt und wollten dann irgendwann zusammen aufbrechen, wohin habe ich vergessen zu fragen. Mir wurde noch erklärt, wie ich leckeren Kaffee am Feuer koche. Mein Wissen um eben dieses Thema habe ich mal hinten angestellt.

Mir wurde noch ein wenig Zucker und Kaffeepulver mit Kardamom geschenkt, danach ging es für uns weiter.

Die nächsten Tage ohne nennenswerte Steigungen. Die Wege waren angenehm, aber wenig gefüllt mit nennenswerten Highlights. Das bedeutet nicht, dass es einfach ist, in der Hitze zu laufen. Der Handyempfang jenseits der Berge war enorm gut, die Berichte über perfekte Netzabdeckung im Negev Distrikt der Einheimischen waren nicht gelogen! Hörbücher und Musikalben über Kopfhörer können extrem motivierend sein. Die Sulkys machen einen sehr guten Job, jedoch musste ich feststellen, dass ich die Deichselanbringung lieber unterhalb des Rahmens angebracht hätte.

Die Ersatzteile für diesen Umbau hatte ich dabei, die Lust für einen solchen Umbau fehlte jedoch gänzlich! Die Pausen haben wir oft so gestaltet, dass wir ein Tarp aus Ronnys Gepäck oder mein Außenzelt zwischen die Deichseln unserer Sulkys abgespannt haben, um etwas Schatten zu erzeugen. Schatten tut so gut! Eine Wohltat, nicht nur für den Körper.

Mittlerweile gab es die dritte Panne, Ronny hatte einen "Plattfuß". Diese waren sehr schnell geflickt, kein Problem. Jedoch kam diese Panne nun am Abend, im Dunkeln, während der Suche nach einem Schlafplatz. Das kann ja wohl nicht wahr sein. So eine Scheiße. Nutzt ja nichts, Pause, Flicken und weiter. Auffällig war, dass die zu flickenden Stellen stets an der Seite des Reifens auftraten, niemals direkt an der Lauffläche. Ich hatte BMX-Reifen mit einer rundumlaufenden Kevlar-Karkasse, hatte auch nicht einmal einen Platten.

Die Marathon-Bereifung von Ronny schien jedoch anfälliger zu sein. Oder es war einfach nur Pech! In diesen Momenten habe ich über solch unsinnige Fragen viel nachgedacht. Im Nachhinein ist es egal, da zählte nur die fantastische Vorbereitung, genug Flickzeug und Werkzeug dabei gehabt zu haben. An meiner Sulky hat sich ein Stück der Deichselaufhängung verabschiedet, einfach aus dem Stahlrahmen hinaus gebrochen. Die Reparatur dauerte keine 10 Minuten, nervte aber gewaltig. Wer hat diesen Mist überhaupt zusammengeschweißt? Häh? Wer war das? Eine weitere erholsame Nacht folgte.

Die Zelte und Isomatten haben mittlerweile extreme Abnutzungsspuren erlitten, ein kleiner Riss am Außenzelt hob meine Stimmung auch nicht wirklich. Ich werde nie wieder über zeltzerstörende Fichtenwälder schimpfen... Nie wieder! Meine Füße haben an den Großzehen eine erhebliche Ansammlung an Hornhaut gebildet. Diese habe ich mit Sand abgerieben, was sehr gut funktionierte. Wie aufbauend, habe ich doch endlich den tieferen Sinn im Sand entdecken dürfen. Die Kilometer flogen nur so dahin, wenn auch der Weg trist war. Kleine Anhöhen sind mittlerweile ohne Weiteres zu meistern.

Ein Highlight der ganzen Tour stand aber noch bevor. Der "Baraq Canyon". Auf der Karte gesehen, wussten wir, dass wir bald am Canyon sein mussten. Links und rechts von uns türmten sich schon 20 - 30 Meter hohe Felswände, die anscheinend immer näher zusammenrutschten. Ein schmaler Eingang, links um die Ecke, und wir standen mittendrin. Der Baraq-Canyon, ein beliebtes Ausflugsziel in der Negev. Hier war es schattig, kühl, und die gesamte Kulisse hat viele der vorangegangenen Schmerzen entschuldigt. Hier ist es einfach wunderschön.

Nach einigen Filmaufnahmen und einem kleinen Feuer, auf dem ich uns einen Kaffee gekocht habe, ging es dann weiter. Ziemlich schnell wurden wir gezwungen, wieder Rast einzulegen. Hier gab es mit den Sulkys beim besten Willen kein Vorankommen. 1 - 2 Meter hohe Felsen, dort mussten wir die Vehikel hinaufzerren, teils mit vereinten Kräften hinauftragen. Schlussendlich standen wir vor einer Steilwand, an der ein Tau und eine Drahtleiter befestigt waren.

Die Leiter hochgekraxelt erwartete uns ein Kessel, eine Art "Pool", der bei Niederschlag durchschwommen werden muss, dahinter dann die nächste Leiter, die nächste Steilwand. Die Motivation war so schnell gegangen, wie sie gekommen war. Hier werden wir mit unseren Sulkys nicht hochkommen. Keine Chance. Der Blick auf die Karte erschloss uns einen ca. 5 Kilometer langen Umweg in die entgegengesetzte Richtung, von dem wir dann auf einen Nebentrail gelangten, der uns um den Canyon herumführen würde. Na toll! Alles besser als von der Leiter zu stürzen.

Natürlich bedeutete der Umweg mehr Kilometer, dennoch war es die richtige Entscheidung, auch wenn die Kletterei sicher viel Spaß gemacht hätte. Ein Schlafplatz war auch schnell gefunden, und wir konnten in der Ferne schon Autos hören.

Der nächste Tag war einer der langweiligsten Etappen unserer Tour. 40 Kilometer Tagesetappe entlang eines Highways, ca. 20 Meter neben der Straße stießen wir wieder auf den INT. Wenigstens holen wir hier verlorene Zeit auf. Die Füße brannten, und das wirklich einzige Highlight war ein alter Panzer, der natürlich sofort erkundet wurde. In der Ferne haben wir eingezäuntes Gelände gesehen, wir sind an einer Panzerschule! Heimlich Fotos machen und schnell weiter.

Das Militär hat uns schon einige Male angehalten, und wir mussten erklären, was wir hier machen. Unsere Sulkys warfen bei ihnen einige Fragen auf. Alle waren nett, und nachdem wir uns ausweisen mussten und den Sinn dieser Vehikel erklärten, fanden die Jungs unsere Idee zwar bescheuert, aber hatten sichtlichen Spaß an unserer total beknackten Tour. Jedes Mal wünschte man uns viel Spaß und sicheren Tritt! Am nächsten Tag wurde das Gelände langsam hügeliger. Nachdem wir den Highway das eine oder andere Mal überqueren mussten, fanden wir uns irgendwann auf einem ausgewiesenen Trail, der ca. 2 Meter neben einem Minengürtel vorbeiführte.

"Steinchen werfen" war nur eine der infantilen Ideen, die mir hier in den Kopf kamen. Aber diese Idee wurde sehr schnell zu Nichte gemacht! Ein Jeep donnerte auf uns zu, Militär! Und wieder mussten wir uns erklären. Langsam nervt das. Meine Laune steigerte sich aber extrem, nachdem einer der Soldaten, die uns auf unserem Weg kontrollierten, mit Augenzwinkern Bilder von mir gemacht hat, wie ich stolz wie Bolle im Jeep gepostet habe. Ist doch auch total cool :-)

Tag 8 - 10

Die letzten Tage waren geprägt von steilen Aufstiegen auf gut befahrbaren Wegen, herrlichen Aussichten auf eine wunderschöne Berglandschaft und kleineren Passagen, bei denen wir unsere Sulkys nochmal richtig fordern mussten. Mittlerweile ist uns aber nichts mehr heilig. Es kam vor, dass ich meine "Karre", wie ich die Sulky mittlerweile nannte, einfach den 60 cm hohen Fels hinunter gestoßen habe. "Das muss es aushalten" war meine Rechtfertigung. Warum nicht gleich so? Hätte mir viel Zeit erspart! Die Temperaturen wurden auch immer heißer. Wir können nicht mehr weit von unserem Ziel entfernt sein. Der Blick auf die Karte verrät: Wir sind in den Eilat-Mountains. Den Red-Canyon werden wir geschickt umgehen. Hier gibt es genug Ausweichmöglichkeiten, und man kann sich seine individuelle Route erstellen, ohne den überlaufenen INT abgehen zu müssen. Zumal dieser auch an Stellen vorbeiführt, die mit unseren Karren nicht gerade ideal wären. Steigung ist ja okay! Aber die teils haarige Kletterei der ersten Tage steckt uns noch immer in den Knochen!

Die Campgrounds in den Eilat-Mountains sind nicht sehr üppig, zumindest das, was auf der Karte zu finden ist. Wir haben einige Camps gefunden, die nicht auf der Karte verzeichnet waren. Ob diese mittlerweile geschlossen wurden? Wer weiß das schon. Jedenfalls hatten wir nicht einmal das Problem, dass wir irgendwo nicht übernachten durften. Oder zumindest wurden wir nie dabei erwischt. Die Strafe für wildes Campieren beträgt 700 NIS.

Der 9. Tag hat vieles von seinem Zauber verloren. Das lag daran, dass wir oft an Plätzen vorbeikamen, an denen Reisebusse voller Touristen und ganzer Schulklassen anhielten, um die Wüstenwanderer in die Berge zu entlassen. Hier war ein Betrieb wie am Essener Hauptbahnhof. Sehr motivierend war, dass uns zwei junge Mädels aus Holland versichert haben, dass der direkte Weg über den Highway in 1 1/2 Stunden Autofahrt Eilat erreichen würde. Kurzer Check... Am Highway gab es leider keine Möglichkeit, mit den Sulkys die gesamte Strecke zu bewältigen, zumindest nicht, wenn man nicht unbedingt mit einem der Autos kollidieren möchte.

Und darauf hatten wir wirklich keine Lust. Wir haben unser Camp sehr früh aufgeschlagen. Schließlich ist morgen der letzte Tag, und wir waren voller Zuversicht, Eilat bis zum frühen Abend zu erreichen. Schließlich haben wir noch einiges vor. Ein Mietwagen eines arabischen Unternehmens wartet auf uns, denn morgen ist Sabbat. Bis auf wenige Ausnahmen ist dann alles in Israel geschlossen. Selbst Busse fahren dann nicht mehr. Einige wenige arabische Anbieter haben diese Marktlücke erkannt und lassen sich das entsprechend honorieren.

Der letzte Tag: Ich habe kein Auge mehr für die Schönheit der Landschaft. Alles geht mir auf die Nerven, zumal mein Wasser ausgegangen ist. Ich habe am Morgen den letzten halben Liter getrunken. Datteln und Nüsse habe ich noch genug, aber die stillen meinen Durst nicht. Uns war schon in den letzten Tagen klar, dass wir bald auf dem Trockenen sitzen würden. Aber es hat Spaß gemacht zu planen, wie wir unsere letzte Tagesetappe ohne Wasser bewältigen würden. Dieser "Spaß" wurde sehr schnell ernst! Am Nachmittag zeigten sich die ersten Anzeichen von Wassermangel. Ich bekam Durst, erheblichen Durst. Und Durst ist ein Warnzeichen des Körpers.

Keine 2 Stunden später war meine Leistungsfähigkeit auf dem absoluten Tiefpunkt. Ich hatte schon leichte Kopfschmerzen, auszuhalten, aber dieses diffuse Pochen hinter meiner Stirn war eine Warnung. Egal! Nur noch wenige Kilometer. Gegen 20 Uhr konnten wir die allerersten Lichter sehen. Gegen 21 Uhr endlich die Skyline von Eilat.

Die Berge wirkten wie abgeschnitten, und der Weg mündete direkt auf eine Hauptstraße. Von hier aus konnten wir sogar das Wasser und die Hafenpromenade sehen. Und als wäre das nicht genug, befand sich hier noch ein Campground. Na toll... Den brauchen wir jetzt auch nicht mehr.

Auf einem Foto von uns konnte ich die Auswirkungen meiner Dehydration erkennen. Mein Gesicht war völlig angeschwollen, meine Hände hatten etwa eine Handschuhgröße zugelegt, und die Schuhe fühlten sich um mindestens 3 Nummern zu klein an. Was zum Teufel?! Egal! Wir sind am Ziel. Wir haben es tatsächlich geschafft, wir sind in Eilat. Ich weiß nicht, ob uns jemand gehört hat, aber unsere Jubelrufe waren sicher kilometerweit zu hören. Die Lust auf Saft, Cola, Fastfood und ein motorisiertes Fahrzeug ließ Ödeme und Durst vergessen. Urlaub: Eigentlich hatten wir vor, direkt zum Toten Meer zu fahren.

Die Uhrzeit und die Erschöpfung trieben uns jedoch dazu, direkt nach Jerusalem zu fahren. Dort angekommen haben wir uns im "Abraham's Hostel" eingequartiert. Am nächsten Tag sind wir ans Tote Meer gefahren, haben die alte Stadt und die Klagemauer besucht und festgestellt, dass wir irgendwie NICHT dem religiösen Spirit von Jerusalem erlegen sind.

Mir persönlich gefällt diese Stadt nicht. Sicherlich sollte man sich das mal ansehen, und vielleicht lag es daran, dass ich nur Augen für die Falafel-Stände hatte. Wie dem auch sei, Jesus Christus war mir ziemlich egal! Jerusalem ist ein Tummelplatz für religiöse Fanatiker.

In der alten Stadt hat mich im Araber Viertel ein Mann angesprochen und sich bei mir bedankt. Ich fragte ihn, wofür er sich bei mir bedankt. Seine Antwort war wie ein Schlag ins Gesicht! Mit Ironie in der Stimme sagte er: "Danke für den Holocaust, ihr habt uns die Juden geschickt, und jetzt haben wir sie am Hals." Meine Antwort war sicherlich nicht die schlaueste. Mit einem ähnlich frechen Ton sagte ich: "Wo ist dein Problem mit ihnen?"

Er argumentierte, dass die Juden ihnen das Land gestohlen hätten, das ihnen schon vor Tausenden von Jahren gehört hätte. Ich kenne die Geschichte, ich muss mir das nicht noch einmal von einem frustrierten Souvenir-Shop-Verkäufer erklären lassen. Als ich ihn fragte, ob er das Land auch gemocht hat, als alles noch eine Wüste war, bevor der "böse" Jude gekommen ist und riesige Städte sowie eine funktionierende Infrastruktur in die Wüste gebaut hat, die die Wüste tatsächlich zum Leben erweckt hat, wurde er sichtlich wütend. Zeit für mich, von hier zu verschwinden.

Ich möchte keine Diskussion auslösen, ich weiß, dass auch Israel seine Fehler hat, Fehler gemacht hat und sicherlich noch Fehler machen wird... Aber ich ziehe trotzdem meinen Hut vor den Israelis. Und solche Gespräche wie mit dem Typen aus der alten Stadt finde ich einfach nur widerlich! Am Morgen unserer Abreise wollten wir schon sehr früh am Flughafen sein. Schließlich ist bekannt, dass die Sicherheitskontrollen bei der Ausreise in den letzten 2 Jahren erheblich verschärft wurden.

Um 13.25 Uhr ist das Boarding, und um 13.55 Uhr startet der Flieger. Wir waren gegen 9.30 Uhr am Flughafen. "Fängt ja gut an", dachte ich, als wir schon beim Betreten des Flughafengebäudes kontrolliert wurden. Dann der Sicherheitscheck unseres Gepäcks. Alles auspacken, jedes einzelne Teil wurde überprüft, hinterfragt und auf Sprengstoffspuren geprüft. Das Ende vom Lied war, dass wir ALS EINZIGE auf einer Bank Platz nehmen mussten, da es wohl reges Interesse an meinen entladenen Akkus und Ronnys Stirnlampe gab.

Das mag jetzt vielleicht seltsam klingen, aber genau das hat uns etwa 2 Stunden gekostet. Als Ergebnis wurde einer der 4 baugleichen Akkus einbehalten. Man würde ihn mir zuschicken, wenn alles in Ordnung ist. Tatsächlich brachte mir der DHL-Mann am 19.2.2014 ein riesiges Paket aus Israel, in dem der winzige Akku in 10 Metern Knallfolie verpackt war. Die 3 baugleichen Akkus wurden in mein Handgepäck gesteckt. Die weiteren Sicherheitschecks waren ähnlich zeitaufwändig.

Wir waren ziemlich die ersten unseres Flugs, die am Flughafen waren. Und wer war mal wieder der Letzte, der in den Flieger einstieg? ICH! Ich wurde schon ausgerufen, als ich noch am letzten Schalter stand und die Dame in dem kleinen Schalterhäuschen wieder einmal meinen Bart begutachtete und irgendwas in ihr Funkgerät brabbelte... Dann wurde ich ausgerufen, und die Dame im Schalterhäuschen zeigte mir, dass ich mich beeilen sollte.

Als ob ich derjenige wäre, der alles verzögert hat. Ich bin wie ein Verrückter gerannt, als etwa 200 Meter weiter eine kleine Frau wild mit den Armen fuchtelte. Sie bedeutete mir, mich zu beeilen. Ein nettes "Verpiss dich" zur Begrüßung von mir musste reichen, und ich war endlich im Flieger. 4 1/2 Stunden später waren wir zurück in Berlin! Irgendwie schade!