InReach, PLB & Co. – welche Satellitenkommunikation ist im Outdoor-Einsatz wirklich sinnvoll?

  • Moin Leute,

    immer mehr Outdoorer setzen auf Satellitenkommunikation, um auch fernab von Handynetzen erreichbar zu bleiben oder im Notfall Hilfe rufen zu können. Geräte wie Garmin InReach, Zoleo oder klassische PLBs (Personal Locator Beacons) tauchen in letzter Zeit immer öfter in den Packlisten auf.

    Mich interessiert:
    Welche Geräte habt ihr schon selbst draußen genutzt – und wie zufrieden seid ihr damit?

    • Wie sieht’s mit Akkulaufzeit im Winter aus?
    • Sind die Geräte robust genug für Rucksack, Regen und Kälte?
    • Lohnt sich ein Abo-Modell oder reicht ein PLB ohne laufende Kosten?
    • Nutzt ihr die Geräte nur für Notrufe oder auch für Positions-Tracking und Nachrichten?

    Ich finde das Thema gerade für Solo-Touren oder abgelegene Gegenden extrem spannend, weil es am Ende wirklich Leben retten kann. Vielleicht hat ja jemand von euch einen direkten Vergleich zwischen verschiedenen Modellen gemacht – das wäre für viele hier bestimmt Gold wert.

    Freue mich auf eure Erfahrungen und Empfehlungen.

    Grüße
    HansOutdoor

  • Kurz gesagt: Es gibt zwei Wege, draußen Hilfe zu rufen, wenn kein Handynetz da ist – die schlichte „rote Taste“ (PLB) und die Variante mit Zurückschreiben (inReach/andere Messenger). Was passt, hängt weniger vom Gerät als von deiner Tour ab: Wie abgelegen bist du, braucht jemand daheim Updates, wie kalt wird’s, wie viel Strom hast du dabei?

    Erstmal: Was „Sicherheit“ in der Praxis bedeutet.
    Sicher ist nicht nur, dass ein Signal irgendwo ankommt. Sicher heißt: Der Alarm geht zuverlässig raus, er wird einer passenden Leitstelle zugeordnet, Rückfragen sind möglich und die Rettung findet dich. Genau da trennt sich die Spreu:

    • PLB (406 MHz) löst einen formalen, sehr robusten Notruf aus. Das ist die „große rote Taste“, ohne Abo, mit sehr langer Batteriestandzeit. Es gibt aber keinen Rückkanal. Wenn du drückst, ist Funkstille – du bekommst keine Nachfrage („Wie schwer verletzt? Wie viele Betroffene? Wo ist ein Landeplatz?“) und kannst umgekehrt keine Updates empfangen. Das kann vollkommen ausreichen, wenn es wirklich nur um „SOS jetzt, egal was“ geht.
    • Zwei-Wege-Sat-Messenger (inReach, ZOLEO, Somewear) machen genau das Gleiche – plus Chat. Du kannst nach dem SOS hin und her schreiben, Position und Lage erklären, auf Rückfragen antworten und z. B. einen besseren Landeplatz beschreiben. Das spart im echten Leben oft Zeit, weil nicht erst „ins Blaue“ gesucht wird. Der Haken: Es braucht ein Abo (man kann es aber meist monatlich aktivieren/pausieren).

    Abdeckung ist der nächste entscheidende Punkt.
    Wenn du wirklich überall sein willst – Alpen, Fjell, Hochbreiten, Off-Grid-Küsten – dann ist Iridium (die Basis von inReach/ZOLEO/Somewear) die stressfreie Wahl, weil global. Globalstar (SPOT) ist in Europa okay, hat aber anderswo Lücken. Geostationäre Dienste sind in sehr hohen Breiten weniger glücklich. Kurzum: Wer „Polarkreis bis Mittelmeer“ abdecken will, fährt mit Iridium am entspanntesten.

    „Ich will kein Abo, ich will nur eine sichere Notfalltaste.“
    Das ist die klassische PLB-Argumentation – und die ist legitim. Ein PLB ist maximal schlicht, läuft jahrelang im Rucksack und funktioniert, wenn es darauf ankommt. Wichtig ist: sauber registrieren, die Kontaktinfos aktuell halten und wissen, dass man nach dem Drücken keine weiteren Infos senden kann. Für Touren in Ländern, wo die Registrierung und die Rettungskette sauber zusammenspielen, ist das eine sehr starke Lösung.

    „Ich will meine Leute daheim informieren und im Notfall Details durchgeben.“
    Dann bist du beim Zwei-Wege-Messenger. Das Abo muss aktiv sein, dafür bekommst du Chat, Tracking, Wetter und Preset-Nachrichten. Gerade bei Mehrtagestouren, Wintertouren, Paddeln, Bikepacking etc. ist das unheimlich beruhigend: zu Hause sieht man Bewegungen und du kannst kurz schreiben, wenn es später wird.

    Was ist mit SPOT?
    Kann passen, wenn du in gut abgedeckten Gegenden unterwegs bist und vor allem „OK“/Tracking willst. Als primäre Notfall-Leine in sehr abgelegenen Regionen würde ich persönlich eher Iridium-basierte Geräte nehmen, weil die Abdeckung planbarer ist. SPOT ist okay – mit Augenmaß und Abdeckungscheck.

    Und das iPhone-Sat-SOS? Reicht das?
    Das ist eine super Zusatzfunktion für Tagestouren und auch für Leute, die kein Extra-Gerät schleppen wollen. Aber: Es funktioniert nur in Ländern, in denen es freigeschaltet ist, nur ohne Mobilfunk/WLAN und braucht freien Himmel. Für längere Off-Grid-Touren ersetzt es keinen echten Messenger mit zwei-seitiger Kommunikation und vernünftiger Akkustrategie. Als Backup ist es klasse.

    Satellitentelefon – wann lohnt sich das?
    Wenn du Verantwortung für eine Gruppe trägst, wenn echte Gespräche mit Leitstellen nötig sein können (Expeditionen, Schiff, Film/Foto-Teams) oder wenn du schlicht „reden“ willst statt tippen. Teurer und schwerer, aber unschlagbar, wenn Dinge komplex werden. Viele kombinieren: Satphone für Stimme, Messenger für Tracking/SOS/„Ich bin ok“.

    Akkus und Kälte – ein paar ehrliche Worte.
    Li-Ion-Akkus mögen Kälte nicht. Egal ob inReach oder Handy: warm tragen, nicht am Schultergurt im Wind ausfrieren lassen. Eine kleine Powerbank ist auf Mehrtagestouren praktisch Pflicht. Preset-Nachrichten sparen Energie (z. B. „Alles ok, zelte hier / +2 h Verspätung / Route geändert nach Nordost“). PLB ist da im Vorteil: Batterien halten über Jahre, aber eben nur für SOS.

    „Was ist jetzt sicherer – PLB oder inReach?“
    Das hängt von dir und deiner Tour ab. Wenn du den einfachsten, robustesten Notruf ohne Abo willst und auf Rückfragen verzichten kannst, ist das PLB unerreicht schlicht und zuverlässig. Wenn du in der realen Notlage reden (tippen) und koordinieren möchtest, ist der Zwei-Wege-Messenger mit Iridium unterm Strich „sicherer“ im Sinne von besser steuerbarer Rettung. Es gibt kein Dogma – beides ist richtig, je nach Einsatz.

    Drei typische Profile, an denen man es gut sieht:

    • Solo in Skandinavien/Alpen, mehrere Tage ohne Netz, „Sicherheit + kurze Updates“: Iridium-Messenger. Abo für den Monat an, Presets einrichten, Powerbank einpacken. Im Notfall hast du Chat, im Normalfall Frieden zu Hause.
    • „SOS-Taste“ ohne Abo, wenig tippen, sehr abgelegen: PLB. Vor der Reise Registrierung checken, Gerät griffbereit am Schultergurt, und fertig.
    • Gruppen/Leitung/Expedition: Messenger plus Satphone. Das eine dokumentiert/trackt, das andere klärt komplexe Lagen per Stimme. Redundanz gewinnt.

    Noch zwei Dinge, die in der Praxis oft übersehen werden:

    1. Bedienung unter Stress. Schiebeschalter statt kurzer Knopfdruck, Schutzkappe über der SOS-Taste, klare Anzeige – all das macht im Ernstfall den Unterschied. Richte das Gerät so ein, dass du „blind“ weißt, was zu tun ist.
    2. Vorkonfiguration. Notfallkontakte, relevante Gesundheitsinfos, Preset-Texte, Offlinekarten, kurze Einweisung für die Mitwandernden („Wenn mir was passiert, drückst du hier …“). Das dauert zehn Minuten und spart im Zweifel eine Stunde.

    Wenn du magst, sag kurz, welche Touren du konkret planst (Region, Jahreszeit, Solo oder Gruppe, wie wichtig dir Nachrichten sind, Budget). Dann bastle ich dir ein kleines Setup – Gerät + sinnvolle Presets + Akkoplan – das genau dazu passt.

  • Hey, ich nehme dein Angebot gern an. Meine Tochter will nächstes Jahr den Appalachian Trail allein laufen (Start Anfang/Mitte April, Richtung Norden). Sie ist fit, aber ich habe natürlich Respekt vor Funklöchern, Wetter und dem ganzen „Was, wenn…?“.

    Ich suche eine klare Lösung: ein kleines Satellitengerät, das im Notfall Hilfe holt und mit dem wir kurze Nachrichten austauschen können. Gerätetipp wäre super – möglichst leicht, unkompliziert, zuverlässig. iPhone ist dabei, dazu eine 20.000-mAh-Powerbank; alle 4–5 Tage ist ohnehin Stadt/Hostel eingeplant.

    Kannst du mir dafür ein konkretes Setup bauen – ohne Tarifkram?

    • welches Gerät du empfehlen würdest,

    • drei kurze Standardtexte zum Kopieren (Abend-OK, Verspätung, Planänderung) plus eine sehr knappe SOS-Nachricht,

    • ein kleiner Stromplan: wie lange die 20k realistisch reicht bei moderatem Tracking und ein paar Nachrichten pro Tag, wann und wie am besten laden (auch bei Kälte),

    • und ein einfacher Rhythmus für zu Hause: wie oft melden, was tun bei 24 h Funkstille, wer bekommt den privaten Standort-Link.

    Letzte Frage: Braucht sie zusätzlich noch einen reinen Notfall-Sender („roter Knopf“) ohne Abo, oder reicht auf dem AT ein Messenger völlig aus?

    Danke dir!

  • Für den Appalachian Trail passt als Primärlösung ein Zweiwege-Satellitenmessenger mit Iridium-Abdeckung. Damit hat deine Tochter die Notruftaste und kann gleichzeitig kurze Nachrichten senden und empfangen. Bewährte Geräte dafür sind Garmin inReach Mini 2, Garmin inReach Messenger, ZOLEO und Somewear Global Hotspot. Alle sind robust genug für den AT und kommen mit Funklöchern zuverlässig klar.

    Zur Einrichtung: Das Gerät arbeitet am zuverlässigsten mit freier Sicht zum Himmel. Ob am Schulterträger, Brustgurt oder oben am Rucksack – Hauptsache, es verschwindet nicht tief im Pack. Für die Positionsaufzeichnung genügt ein Intervall von 30 Minuten; das spart Akku, ohne den Überblick zu verlieren. Legt eine feste Abendmeldung fest, zum Beispiel zwischen 19:00 und 21:00 Uhr Ortszeit, damit zuhause niemand permanent aufs Display schaut. Den privaten Kartenlink gibst du nur an den engsten Kreis weiter.

    Die Textbausteine sollten knapp und eindeutig sein. Als Abendmeldung: „Alles ok. Übernachte bei [Ort/Meile]. Morgen normal weiter.“ Für Verzögerungen: „Komme später, etwa +2–3 Stunden. Alles ok.“ Bei Planänderung: „Plan geändert: Übernachte in [Ort/Meile]. Alles ok.“ Wenn im Notfall noch getippt werden kann, reicht als erste Meldung: „SOS. Eine Person. [kurz: verletzt/nicht verletzt]. Standort über Gerät. Bleibe an Position.“ Den Rest klärt ihr über den Rückkanal.

    Das Hausprotokoll hält die Nerven ruhig. Abends kommt eine kurze Rückmeldung. Fällt sie einmal aus, wartet ihr bis zum nächsten Abend. Bleibt sie dann erneut aus und ein geplanter Stopp im Ort wurde verpasst, schaut ihr auf den letzten aufgezeichneten Positionspunkt in der Karte und sendet eine aktive Nachfrage. Erst bei weiterer Funkstille – als Richtwert etwa 36 Stunden, immer mit Blick auf Wetter und Gelände – denkt ihr über die nächsten Schritte nach. Ein neutrales Codewort für „unwohl, aber kein SOS“, zum Beispiel „Bernstein“, hilft bei der Einordnung, ohne sofort Alarm auszulösen.

    Zur Energieversorgung: Mit 20 000 mAh kommt man weit, wenn sauber getaktet wird. Bei 30-Minuten-Intervall und täglich wenigen Kurzmeldungen hält ein inReach mehrere Tage, oft fast eine Woche, bevor es an die Powerbank muss. Das iPhone ist der eigentliche Stromfresser (Navigation, Fotos). Bewährt hat sich: tagsüber Flugmodus, FarOut offline nutzen, abends beide Geräte kurz nachladen. In kalten Nächten Handy und Powerbank warm verstauen; Akkus mögen keine Minusgrade. In den Trail-Towns wird voll geladen, unterwegs nur nachgefüttert. Kurze, planbare Ladefenster funktionieren besser als „ganz leer – ganz voll“.

    Zur zweiten Sicherungslinie: Ein zusätzliches PLB, also ein reiner Notsender ohne Abo, ist auf dem AT in der Regel nicht nötig, wenn der Messenger sauber eingerichtet ist und ihr euch an das Protokoll haltet. Wer Redundanz schätzt, kann eins mitnehmen; auf dieser Route bringt es vor allem psychologische Reserve.

    Vor dem Start einmal „trocken“ üben: eine Testnachricht senden, die drei Bausteine prüfen, den privaten Link anschauen und gemeinsam durchgehen, was bei einer fehlenden Abendmeldung passiert. Das kostet zehn Minuten und nimmt im Ernstfall viel Druck aus der Situation.

    Viel Erfolg und eine sichere Tour!

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